Baufinanzierung ohne Eigenkapital: So gehts!

01.01.2022 – Eine Baufinanzierung ganz ohne Eigenkapital ist möglich, birgt aber auch Risiken. Was die Besonderheiten sind und worauf Kreditnehmer achten müssen.

Frau betrachtet Bauplan

Welche Rolle spielt das Eigenkapital bei der Baufinanzierung?

Eine Baufinanzierung ist ein Darlehen, das für die Finanzierung der Kosten für den Bau oder den Kauf einer Immobilie aufgenommen wird. Dabei kann es sich um ein Haus oder eine Eigentumswohnung handeln. Der Erwerb des Grundstücks oder die Kosten für die Außenanlagen zählen ebenfalls zu den Aufwendungen, die mit dem Kredit bezahlt werden, wobei die Rohbaukosten den größten Teil der Gesamtkosten ausmachen.

Kreditgeber gehen davon aus, dass Kreditnehmer einen Anteil von 20 bis 30 Prozent der Gesamtkosten selbst aufbringen. Dieses Eigenkapital wird meist dazu verwendet, die Baunebenkosten abzudecken. Zudem beeinflusst die Höhe des Eigenkapitals die benötigte Kreditsumme sowie die Zinsen, die bei der Rückzahlung anfallen.

Eine Baufinanzierung ganz ohne Eigenkapital ist trotzdem möglich. Banken bezeichnen die Immobilienfinanzierung trotz fehlendem Eigenkapital als Vollfinanzierung. Diese Art der Finanzierung birgt allerdings Risiken und eignet sich nicht für jeden Kreditnehmer. Zudem wird sie auch nicht von jeder Bank angeboten.

Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital

Wer ein Haus ohne Eigenkapital kaufen oder bauen möchte, kann einen Kredit beantragen, mit dem die Gesamtkosten komplett finanziert werden. Die sogenannte Vollfinanzierung umfasst sowohl den Kaufpreis oder die Kosten für den Bau einer Immobilie als auch die Kaufnebenkosten. Hierzu zählen:

  • Notargebühren
  • Kosten für den Grundbucheintrag
  • Grunderwerbsteuer
  • Maklercourtage

Wer über keine Ersparnisse oder andere finanzielle Mittel verfügt, kann sich über eine Vollfinanzierung unter bestimmten Voraussetzungen dennoch eine Immobilie zulegen.

Höheres Risiko für die Banken

Die Vollfinanzierung stellt ein höheres Risiko für die Banken dar. Daher liegen die Zinsen einer Baufinanzierung ohne eigene Mittel höher als die Zinsen eines Darlehens mit Eigenkapital.
Um ohne Eigenkapital ein Darlehen zu erhalten, müssen Kreditnehmer über ein gesichertes Einkommen verfügen sowie weitere Voraussetzungen erfüllen. Sind die Voraussetzungen nicht vollständig erfüllt, lassen sich einige Banken zumindest auf eine 100-Prozent-Finanzierung ein.

100-Prozent-Finanzierung statt Vollfinanzierung

Bei der 100-Prozent-Finanzierung verfügen Kreditnehmer über Eigenkapital in Höhe der Kaufnebenkosten. Diese müssen daher lediglich den Preis für den Hauskauf über ein Darlehen finanzieren.

Was zählt alles als Eigenkapital?

Nicht nur die Ersparnisse des Kreditnehmers zählen zu dem Eigenkapital, das zur Verfügung steht, um den Hauskauf oder -bau zu finanzieren. Um die Höhe Ihres Eigenkapitalanteils zu berechnen, sollten Sie unter anderem auch die folgenden Mittel berücksichtigen:

  • Bargeld
  • Ersparnisse auf Sparkonten, Tagesgeldkonten oder Festgeld
  • Aktien oder Fondsanteile in einem Depot
  • Münzen, Gemälde, Antiquitäten oder Edelmetalle
  • zuteilungsreifer Bausparvertrag
  • Guthaben aus der Riester-Rente oder Wohn-Riester
  • Vermögenswirksame Leistungen (VL)
  • Auszahlung aus einer Lebensversicherung
  • geerbtes oder eigenes (Bau-)Grundstück
  • entgeltfreie Eigenleistungen durch die Bauherren sowie durch Freunde und Verwandte

Welche Varianten der Baufinanzierung gibt es?

Nur wenige private Käufer sind in der Lage, den Bau oder Kauf einer Immobilie komplett durch Ersparnisse oder Wertanlagen zu finanzieren. Daher stellen Banken und andere Kreditgeber Baudarlehen in verschiedenen Varianten zur Verfügung. Zu den bekanntesten Darlehen zur Immobilienfinanzierung gehören Annuitätendarlehen, Tilgungsdarlehen und Darlehen mit Endfälligkeit.

Annuitätendarlehen

Ein Annuitätendarlehen zeichnet sich dadurch aus, dass die Rate für die Rückzahlung über die gesamte Sollzinsbindung konstant bleibt. Die Darlehensrate setzt sich aus einen Tilgungsanteil und einem Zinsanteil zusammen.

Im Laufe der Sollzinsbindung, die zwischen 5 und 30 Jahren liegt, verschiebt sich das Verhältnis zwischen dem Tilgungs- und dem Zinsanteil: Die Banken berechnen die Zinsen nur auf die Restschuld, wodurch der Zinsanteil an der Rate mit zunehmender Tilgung sinkt. Um die Rate konstant zu halten, wird der Tilgungsanteil erhöht, sodass am Ende der Zinsbindung fast die gesamte Rate zur Tilgung des Darlehens verwendet wird.

Tilgungsdarlehen

Beim Tilgungsdarlehen ändern sich die Kreditraten bei jeder Rückzahlung. Das liegt daran, dass sich die Rate aus einem festen Tilgungsanteil und einem variablen Zinsanteil zusammensetzt. Die Zinsen werden bei jeder Ratenzahlung neu berechnet und hängen jeweils von der Restschuld ab.

Da sich die Restschuld mit jeder Rückzahlung verringert, sinkt auch der Zinsanteil. Dadurch wird die Rate mit jeder Fälligkeit geringer. Die genaue Ratenhöhe und die Laufzeit des Tilgungsdarlehens können dem Tilgungsplan entnommen werden.

Darlehen mit Endfälligkeit

Bei einem endfälligen Darlehen zahlen Kreditnehmer während der Laufzeit nur die Zinsen für die Kreditsumme. Das Darlehen selbst wird erst bei Fälligkeit komplett zurückgezahlt. Das Geld dazu stammt häufig aus einer Lebensversicherung oder einem Bausparvertrag. In der Regel wird dieses Tilgungssurrogat während der Laufzeit separat angespart, sodass diese Sparrate in der Gesamtbelastung berücksichtigt werden muss.

Da die Rückzahlung der Finanzierung gesichert ist, eignet sich ein endfälliges Darlehen zu einer Baufinanzierung ohne eigene Mittel, um zwischenzeitlich anzusparende Mittel gezielt einzusetzen oder Steuervorteile als Vermieter/Kapitalanleger nutzen zu können.

Für wen kommt die Baufinanzierung ohne Eigenkapital infrage?

Eine klassische Baufinanzierung geht von einem Eigenkapitalanteil des Kreditnehmers in Höhe von 20 bis 30 % der Gesamtsumme für den Kauf oder Bau einer Immobilie aus. Da nicht alle Kreditnehmer Eigenkapital in der geforderten Höhe aufbringen können, bieten Banken besonders in Zeiten niedriger Zinssätze eine Vollfinanzierung an.

Diese Finanzierung eignet sich vor allem für junge Familien, die noch kein Kapital für eine Immobilie ansparen konnten. Sie lohnt sich aber auch für Kreditnehmer, die zwar über Ersparnisse verfügen, eine langfristige Geldanlage aber nicht vorzeitig auflösen können oder wollen.

Wann lassen sich Banken auf eine Vollfinanzierung ein?

Banken und Sparkassen prüfen bei einer Vollfinanzierung sehr genau, ob sie die Finanzierung genehmigen. Um die Möglichkeit auf eine Vollfinanzierung für einen Hauskauf oder -bau zu erhalten, sollten Kreditnehmer unter anderem die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • ausreichendes Einkommen
  • sicherer Arbeitsplatz
  • unbefristeter Arbeitsvertrag
  • gute Bonität
  • ausreichender Beleihungswert der finanzierten Immobilie

Da die finanzierte Immobilie die Sicherheit für die Baufinanzierung darstellt, sollte es sich bei einer Vollfinanzierung um ein Gebäude in einem guten Zustand und in einer guten Lage handeln.

Vorteile und Nachteile eines Hauskredits ohne Eigenkapital

Die Vollfinanzierung hat den Vorteil, dass Sie sich trotz fehlenden Eigenkapitals Ihren Wunsch nach den eigenen vier Wänden erfüllen können. Sie müssen nicht erst warten, bis Sie ausreichend Eigenkapital angespart haben. Bei einem niedrigen Zinssatz und steigenden Immobilienpreisen können Sie zudem von einer lohnenden Geldanlage profitieren.

Die Baufinanzierung ohne Eigenkapital hat aber auch einige Nachteile. So berechnen Bankberater bei der Vollfinanzierung höhere Zinsen. Je mehr Eigenkapital Sie vorweisen können, desto bessere Zinsen können Sie aushandeln. Außerdem bestehen bei einer Vollfinanzierung größere Risiken für die Bank und den Kreditnehmer.

Risiken bei der Vollfinanzierung

Lässt sich die Bank auf eine Vollfinanzierung ein, riskiert sie, dass der Kreditnehmer wegen einer Erkrankung oder Verlust des Arbeitsplatzes das Darlehen nicht zurückzahlen kann. Jedoch können Kreditnehmer selbst bei guter Gesundheit und einem sicheren Arbeitsplatz in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Das gilt vor allem dann, wenn die Zinsbindungsfrist ausläuft und die Zinsen für Immobilienfinanzierungen mittlerweile gestiegen sind. Schon ein Zinsanstieg von wenigen Prozent kann einen hohen zusätzlichen Betrag ausmachen und die monatliche Rate steigen lassen.

Alternativen zur Baufinanzierung

Machen die Aufwendungen für den Kredit mehr als 40 % des monatlichen Nettoeinkommens aus, besteht die Gefahr, dass sich Kreditnehmer überschulden und es zu einem Zahlungsausfall bis hin zur Zwangsversteigerung kommt. Daher sollten sich Kreditnehmer ohne Eigenkapital über mögliche Alternativen zu einer klassischen Baufinanzierung informieren.

Dazu zählen zum Beispiel

  • Privatdarlehen von Fremden im Rahmen von Crowdfunding.
  • Mietkauf als Mischung aus Mietvertrag und Kauf der Immobilie. Der Bewohner zahlt während der Vertragslaufzeit Miete, von der ein Teil als Tilgung für den späteren Hauskauf angerechnet wird. Am Ende der Vertragslaufzeit wird der Mieter zum Eigentümer.

Baufinanzierung ohne Eigenkapital ist möglich

Eine Baufinanzierung ohne eigene Mittel ist möglich, wenn Sie als Kreditnehmer bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen über eine gute Bonität und ein ausreichendes und sicheres Einkommen verfügen.

Außerdem finanzieren Banken nur hochwertige Immobilien in guter Lage ohne Eigenkapital. Die Zinsen für eine Finanzierung ohne Eigenkapital fallen wegen des größeren Risikos höher aus als bei einem Darlehen mit Eigenkapitalanteil. Wenn Ihnen das Risiko einer Vollfinanzierung zu hoch ist, können Sie sich nach Alternativen am Finanzmarkt erkundigen.

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