Fed vor Zinspause, EZB erreicht Zinsgipfel voraussichtlich im Juni
05.05.2023
- Fed-Chef Powell signalisiert Zinspause
- Zinssenkungen aber erst im nächsten Jahr
- EZB dürfte im Juni noch einmal nachlegen
- Perspektivisch niedrigere Renditen erwartet
- Längere Laufzeiten auch interessant
- Euro dürfte vom Umfeld profitieren
Zinsgipfel der Fed schon erreicht
Wie erwartet, hat die US-Notenbank (Fed) auf der Sitzung am 3. Mai ihre Leitzinsen um 25 Basispunkte (Bp.) erhöht. Der Leitzinskorridor stieg auf 5,00% bis 5,25%, den höchsten Stand seit 2007. Die Fed strich im Kommuniqué die Zeile, dass eine zusätzliche Straffung der Geldpolitik angemessen sei. Die Änderung der „Forward Guidance“, also den Zinsausblick, stellte Fed-Chef Powell in der Pressekonferenz mehrmals heraus. Die Politik sei angesichts der bisherigen Zinserhöhungen von 500 Bp. und der Verschärfung der Kreditvergabebedingungen jetzt restriktiv. Zudem hätten sich die Ungleichgewichte am Arbeitsmarkt verringert und der Lohnzuwachs sei zurückgegangen. Powell sieht also eine gewisse Wirkung der Politik.
Fed erreicht Leitzinsgipfel
Powell schloss eine weitere Zinserhöhung zwar nicht aus, signalisierte aber mit dem Verweis auf die vollzogenen Zinsschritte und der Verschärfung der Kreditvergabebedingungen eine Zinspause der Fed. Wir gehen jetzt nicht mehr davon aus, dass die Fed im Juni noch einmal den Leitzins erhöht. Anders als der Markt erwartet, rechnen wir aber nicht mit baldigen Zinssenkungen der Fed. Powell betonte, dass er nicht mit einem schnellen Rückgang der Inflationsrate rechne und Leitzinssenkungen seiner Meinung nach nicht angebracht seien.
EZB dürfte noch einmal erhöhen
Wie erwartet hat auch die EZB ihre Leitzinsen am 4. Mai um 25 Bp. und damit den Einlagensatz jetzt auf 3,25% erhöht. EZB-Chefin Lagarde betonte auf der Pressekonferenz, dass der Preisdruck weiterhin hoch bleibe und sich der Lohndruck erhöht habe. Sie zeige sich auch entschlossen, den Leitzins auf ein Niveau zu bringen, das ausreichend restriktiv ist. Sie sagte, dass die EZB nicht pausieren werde und deutete damit eine weitere Zinserhöhung im Juni an.
Wir rechnen damit, dass die Zinserhöhungen der EZB im Juni mit einem Einlagensatz von 3,5% enden werden. Aber wir gehen nicht davon aus, dass das am Ende ausreicht, die Inflation dauerhaft auf 2% zurückzuführen. Wir glauben, dass sich die Inflation auf einem hohen Niveau festsetzen dürfte. Um die hohe Inflation zu überwinden, erfordert ein entschiedenes Gegensteuern. Ein EZB-Einlagensatz von 3,5% reicht unseres Erachtens hierfür nicht aus.
Etwas überrascht hat, dass ab Juli 2023 die auslaufenden Anleihen beim Kaufprogramm APP gänzlich nicht mehr reinvestiert werden sollen. Damit sinkt die von den Staatsanleihekäufen aufgeblähte EZB-Bilanz ab Juli um rund 25 Mrd. Euro pro Monat (vorher 15 Mrd. Euro).
Markterwartungen zu optimistisch
Wichtig für die weitere Renditeentwicklung ist und bleibt die Geldpolitik. Dabei wird für die Fed eine Zinspause eingepreist und im zweiten Halbjahr bereits erste Zinssenkungen. Die Zinssenkungserwartungen für die Fed haben sich nach der Notenbanksitzung verstärkt. Mit der ersten Zinssenkung wird ab Herbst gerechnet. Wir teilen diesen Optimismus nicht und gehen nach wie vor davon aus, dass die Fed frühestens im nächsten Jahr mit den ersten Lockerungen beginnen dürfte. Bis Ende 2024 rechnen wir dann mit Zinssenkungen der US-Notenbank von 100 Bp.
Für die EZB teilen wir ebenfalls nicht die Markterwartungen. Hier sind noch zwei kleine Zinserhöhungen um je 25 Bp. eingepreist, wobei die Anhebung im Juli nicht mehr von allen erwartet wird. Wir sehen den Zinsgipfel im Juni bei 3,5%.
Im Juni könnten wir daher zum ersten Mal seit 2011 eine Situation erleben, in der die EZB ihren Leitzins erhöht, während die Fed ihren Zinszyklus nicht fortsetzt. Da die EZB 2011 und auch 2008 die Zinserhöhungen schnell wieder zurücknahm, können sie nicht als Beispiel dienen. Wir gehen nämlich aufgrund der hartnäckig hohen Inflation im Euroraum davon aus, dass die EZB ihren Leitzins bis Ende nächsten Jahres nicht senkt.
Anleihen attraktiv – auch längere Laufzeiten
Nachdem die Leitzinsgipfel erreicht bzw. fast erreicht worden sind, dürfte die Renditen perspektivisch zurückgehen, insbesondere im Umfeld einer leichten Rezession in den USA und im Euroraum im zweiten Halbjahr. Dies dürfte sich mehr und mehr in den Daten zeigen. Die Inflationsraten sollten ebenfalls sinken, die Kernraten der Inflation (ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise) allerdings erst ab Herbst 2023.
Nach dem massiven Renditeanstieg bleiben die Rentenmärkte attraktiv. Für Neuanlagen empfehlen wir alle Laufzeiten zum Kauf. Man sollte aber in diesem Umfeld jetzt stärker den mittleren und längeren Laufzeitenbereich berücksichtigen, vor allem wenn die Renditen zwischenzeitlich noch einmal ansteigen. Bei längeren Rentenanlagen können bei einem Renditerückgang Kursgewinne erzielt werden. Das Potenzial für Renditerückgänge bleibt insgesamt jedoch begrenzt, denn wir rechnen nach wie vor mit einer hartnäckig hohen Inflation und weniger Zinssenkungen in den USA als der Markt erwartet. Für den Euroraum gehen wir nicht von Zinssenkungen aus, jedoch könnte die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen, wenn die Kernrate der Inflation im Herbst zurückgeht, unter die 2%-Marke fallen.
Euro dürfte vom Umfeld profitieren
Der Euro hat sich vom Tief im Oktober erholt und gehört seit Jahresbeginn zu den stärkeren Währungen. Seit Jahresbeginn hat sich der Euro um rund 3,3% ggü. dem US-Dollar aufgewertet. Da wir im nächsten Jahr in den USA mit Zinssenkungen rechnen, für die EZB jedoch nicht, sehen wir weiteres Aufwertungspotenzial für den Euro. Allerdings dürfte der US-Dollar unterstützt werden, wenn die Fed - anders als vom Markt erwartet – nicht schon in diesem Jahr mit den Zinssenklungen beginnt. Zudem könnten Marktturbulenzen oder aufkommende Unsicherheit den US-Dollar stützen. Wir bleiben deshalb beim Votum neutral für den US-Dollar, obwohl wir eine leicht Euro-Aufwertung erwarten.

Fazit
Die EZB nähert sich ihrem Leitzinsgipfel. Wir rechnen noch mit einer Zinserhöhung im Juni auf dann 3,5% (Einlagensatz). Die Fed dürfte schon jetzt eine Zinspause einlegen. Die Renditen dürften in diesem Umfeld perspektivisch zurückgehen, zumal wir eine leichte Rezession in den USA und dem Euroraum erwarten. Zudem sind die Inflationsraten rückläufig. Ab Herbst dürfte auch die Kernrate der Inflation im Euroraum zurückgehen. Anleihen sind für eine Anlage attraktiv. In der Anlage sollte auch längere Laufzeiten berücksichtigt werden, bei denen mit Kursgewinnen zu rechnen ist. Für den US-Dollar bleiben wir bei neutral, rechnen aber mit einer leichten Aufwertung des Euro.
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