Q2-Ergebnisse: Noch scheint Licht, aber der Schatten nimmt zu
30.08.2023
- Die abgelaufene Berichtssaison deutscher Unternehmen für das zweite Quartal zeigt, dass die weltweite konjunkturelle Abschwächung und die gestiegenen Zinsen immer mehr Wirkung zeigen
- Große Unterschiede bei den Ergebnissen deutscher Unternehmen
- Überdurchschnittliche Anzahl von Gewinnwarnungen, die aber immer noch auf eine hohe Anzahl von Anhebungen der Ertragsziele treffen
- Top: Konsumgüter und Versorger. Flop: Immobilien und Chemie
- Das wichtige Auslandsgeschäft schwächelt
- Die signifikanten Unterschiede bei der Entwicklung der Ergebnisse deutscher Unternehmen sollten sich in den nächsten Quartalen wegen der schwächeren Konjunktur weiter verstärken
- Damit einhergehend sollte sich auch die Volatilität am Aktienmarkt erhöhen
Gemischte Q2-Ergebnisse von DAX- und MDAX-Unternehmen
Schwache Konjunktur macht sich langsam bemerkbar
Verteilung der Quartalsergebnisse des 2. Quartals 2023 versus historischer Durchschnitte
Quelle: Unternehmen, Commerzbank-Research. *Innerhalb der Erwartungen: Berichtetes EBIT ist innerhalb der Bandbreite von ±5% der Markterwartungen. **seit Q3 2012.
Die Ergebnisse des zweiten Quartals deutscher Unternehmen zeigen teilweise große Qualitätsunterschiede. Insbesondere viele große auf dem Weltmarkt aktive Unternehmen verfehlten die Erwartungen der Analysten.
- DAX: 12 Unternehmen (30%) haben die Markterwartungen ihrer Q2-Ergebnisse übertroffen, während 11 Unternehmen (27.5%) diese klar verfehlt haben. Damit gab es weniger positive Überraschungen als im langfristigen Durchschnitt und im Durchschnitt der zweiten Quartale eines Jahres. Gleichzeitig stieg auch die Anzahl der Ergebnisse, die unter den Erwartungen lagen. Die Anzahl liegt mittlerweile über dem langfristigen Durchschnitt und dem Durchschnitt der zweiten Quartale.
- MDAX: 20 Unternehmen (40%) haben bei ihren Q2-Ergebnissen besser abgeschnitten als vom Markt erwartet, während 10 Unternehmen (20%) die Erwartungen enttäuschten. Damit lag der Anteil der positiven Überraschungen noch klar über dem langfristigen Durchschnitt und dem Durchschnitt für ein zweites Quartal. Wie bei den DAX-Unternehmen hat aber auch die Anzahl der Quartalsberichte, die unter den Erwartungen lagen zugenommen. Sie liegt aktuell über dem langfristigen und dem Durchschnitt der zweiten Quartale.
Top: Konsumgüter und Versorger. Flop: Immobilien und Chemie
Auf der Basis breiter gefasster deutscher Sektoren konnten insbesondere die Branchen Konsumgüter und Versorger positiv überraschen. Insbesondere die Ergebnisse der Konsumgüter waren nicht nur gegenüber dem historischen Durchschnitt sehr überzeugend, sondern auch 100% aller historischen Quartalsergebnisse dieses Sektors waren schlechter als das jetzige Ergebnis im zweiten Quartal 2023.
Konsumgüter über den Erwartungen, Chemie darunter
Verteilung der Quartalsergebnisse deutscher Sektoren für das 2. Quartal 2023
Quelle: Unternehmen, Commerzbank-Research. *Daten seit Q3 2012. **Innerhalb der Erwartungen: Berichtetes EBIT ist innerhalb der Bandbreite von ±5% der Markterwartungen.
Enttäuschend verlief hingegen die Berichtssaison insbesondere in den Sektoren Immobilien und Chemie.
Versorger über den Erwartungen, Immobilien darunter
Verteilung der Quartalsergebnisse deutscher Sektoren für das 2. Quartal 2023
Quelle: Unternehmen, Commerzbank-Research. *Daten seit Q3 2012. **Innerhalb der Erwartungen: Berichtetes EBIT ist innerhalb der Bandbreite von ±5% der Markterwartungen.
Überdurchschnittliche Anzahl von Gewinnwarnungen
Die zunehmenden Unterschiede zwischen den Unternehmen zeigen sich auch bei den Revisionen der Geschäftsziele für das laufende Geschäftsjahr.
Mit Blick auf die Gewinnwarnungen im zweiten Quartal lagen die DAX- bzw. MDAX-Unternehmen klar über dem langfristigen Durchschnitt als auch dem Durchschnitt für ein zweites Quartal. Davon war insbesondere der Chemiesektor betroffen, der zum einen schon merklich die konjunkturelle Abschwächung spürt und sich zum anderen schwertut, die gestiegenen Kosten weiterzugeben. Aber auch die Sektoren Gesundheit und Immobilien verzeichneten überdurchschnittlich viele Gewinnwarnungen. Der Gesundheitssektor kämpft mit einem Geschäftsrückgang nach dem Auslaufen der positiven Treiber der Corona-Pandemie; der Immobilienbranche macht u.a. das hohe Zinsniveau weiter zu schaffen.
Überdurchschnittliche Anzahl von Gewinnwarnungen
Anhebung der Ertragsziele & Gewinnwarnungen in Q2 2023
Quelle: Unternehmen, Commerzbank-Research. *Seit Q3 2012
Nichtsdestotrotz haben auch immer noch überdurchschnittlich viele DAX- und MDAX-Unternehmen ihre Geschäftsziele angehoben. Insbesondere in den Sektoren Versorger, Konsumgüter und im Automobilsektor gab es die meisten prozentualen Anhebungen der operativen Ziele. Dabei profitierten die meisten dieser Unternehmen weiterhin von ihrer anhaltenden Preismacht und starker Nachfrage. Insbesondere im Automobilsektor könnte sich dies aber bald ändern.
Auslandsmärkte schwächeln
Die Absatzmärkte ausserhalb Deutschlands haben für deutsche Unternehmen in den letzten Jahren immer weiter an Bedeutung gewonnen. Diese schwächeln allerdings zunehmend, wie die Entwicklung der Quartalsexporte seit dem 2.Quartal des Vorjahres zeigt. Dabei ist der größte Rückgang bei den Exporten nach China und den USA zu beobachten.
Deutsche Exporte gehen zurück
Deutsche Exporte, quartalsweise Q2/22=100
Quelle: Statistisches Bundesamt, Commerzbank-Research
Betrachtet man nur das 2. Quartal dieses Jahres auf monatlicher Basis, so ist eine leichte Stabilisierung der Exporte in die Eurozone zu erkennen. Die Exporte in die USA und China haben sich aber weiter verschlechtert, d.h. die Verbesserung der Exporte nach China gegenüber dem ersten Quartal 2023 (siehe obige Grafik) dürfte nicht nachhaltig sein.
China und USA Exporte verschlechterten sich weiter in Q2 2023
Deutsche Exporte Q2 2023, monatlich April 2023=100
Quelle: Statistisches Bundesamt, Commerzbank-Research
Zudem deuten Wirtschaftsindikatoren wie z.B. die Einkaufsmanagerindizes darauf hin, dass die chinesische und amerikanische Wirtschaft weiter an Schwung verlieren, insbesondere im verarbeitenden Gewerbe. Somit verschlechtert sich weiterhin das Umfeld auch für die deutschen Unternehmen, die zwar eine geringere Exportquote haben, dafür aber vermehrt in den jeweiligen Ländern produzieren. Die Automobilindustrie ist dafür ein gutes Beispiel.
Da MDAX-Unternehmen im Durchschnitt einen viel höheren Umsatz in Deutschland und Europa erzielen (knapp 66%), ist es kein Wunder, dass noch 40% der Ergebnisse von MDAX-Unternehmen im 2. Quartal über den Erwartungen lagen und somit noch über den historischen Durchschnitten. Die DAX-Unternehmen konnten dies aufgrund der höheren Bedeutung der Absatzmärkte ausserhalb Europas mit über 51% nicht mehr erreichen.
Noch scheint die Wirtschaft im Euroraum (ex Deutschland) den deutlich verschlechterten Rahmenbedingungen zu trotzen. Es ist aber wenig wahrscheinlich, dass die Anhebung der Leitzinsen um satte 425 Basispunkte spurlos an der Binnennachfrage vorübergehen wird, d.h. auch dieser Auslandsmarkt sollte sich weiter abschwächen.

Fazit
Die abgelaufene Berichtssaison deutscher Unternehmen für das zweite Quartal zeigt, dass die weltweite anhaltend konjunkturelle Abschwächung insbesondere in den Auslandsmärkten wie China und die gestiegenen Zinsen immer mehr Wirkung zeigen. Die signifikanten Unterschiede bei der Entwicklung der Ergebnisse deutscher Unternehmen sollten sich deshalb in den nächsten Quartalen weiter verstärken. Damit einhergehend sollte sich auch die Volatilität am Aktienmarkt erhöhen.
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Redaktion
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