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Zinssenkungserwartungen immer noch übertrieben

26.01.2024

  • EZB diskutiert noch nicht über Zinssenkungen
  • Lagarde schließt aber eine frühe Zinssenkung nicht aus
  • März-Sitzung wird wohl entscheidend
  • Wir rechnen mit einer ersten Zinssenkung erst im Juni

Diskussion über Zinssenkung für die EZB noch zu früh
Wie erwartet hat die EZB ihre Leitzinsen auf der ersten Sitzung im neuen Jahr unverändert gelassen. Überraschungen gab es keine. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat vermieden, sich bezüglich der ersten Zinssenkung festzulegen. Die Notenbank will den Leitzins so lange wie erforderlich auf einem ausreichend restriktivem Niveau festhalten. Das weitere Vorgehen bleibe weiterhin datenabhängig. Der Trend rückläufiger Inflation sei zwar intakt, es bestehe jedoch eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich des Inflationsausblicks. Während der Pressekonferenz sagte Präsidentin Lagarde, dass es im EZB-Rat einen Konsens gebe, dass eine Diskussion über Zinssenkungen „verfrüht“ sei. Lagarde betonte, dass der Inflationsdruck noch deutlich mehr nachlassen müsse, bevor die EZB sicher sein könne, dass sie ihr Inflationsziel nachhaltig erreiche.

März-Sitzung besonders wichtig
Lagarde sagte in der Pressekonferenz, dass die Konjunktur im 4. Quartal stagniere, allerdings deuten die Konjunkturumfragen auf eine Erholung der Wirtschaft hin. Weiterhin wird die Lohnentwicklung als wichtiger Indikator genannt, jedoch sprach die EZB davon, dass es eine Stabilisierung beim Lohnwachstum gebe. Angesichts der Unsicherheit über den weiteren Fortgang der Inflation kommen den neuen EZB-Projektionen zum Wachstum und zur Inflation im Euroraum im März besondere Bedeutung zu. Die Projektionen sind daher auch Vorraussetzung dafür, ob die EZB mit Diskussionen über Zinssenkungen beginnt.

EZB dürfte erst im Juni senken
Wir rechnen weiter damit, dass die EZB ihre Leitzinsen erst im Juni senken wird. Denn erst dann liegen die Daten zu den Lohnabschlüssen des ersten Quartals vor und können in die dann veröffentlichten neuen Inflationsprognosen der EZB eingehen. Der Lohnanstieg ist weiterhin zu hoch. So hat sich der Anstieg der Tariflöhne im Euroraum auf fast 5% beschleunigt. Der Lohndruck dürfte zudem hoch bleiben. Für September und Dezember erwarten wir jeweils eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte (Bp.). Wir sehen damit deutlich weniger Zinsschritte als die Terminmärkte.

Löhne steigen im Euroraum kräftig
EZB-Tariflohnindikator, in % ggü. Vorjahr
Muster Bild
Quelle: EZB, Commerzbank Research

Zinssenkungserwartungen haben sich wieder korrigiert
Im Dezember waren die Zinssenkungserwartungen der Marktteilnehmer übertrieben kräftig angestiegen. Die Marktteilnehmer rechneten mit Zinssenkungen um 160 Bp. allein in diesem Jahr. Zwischenzeitlich ging der Markt mit dem Beginn des Lockerungszyklus schon ab März aus. Die wieder etwas rückläufigen Zinserwartungen zeigt nachfolgende Grafik. Jetzt wird für März kein ganzer Schritt und für April mehr als ein Schritt eingepreist. Auch das halten wir für ambitioniert. Wir rechnen insgesamt mit Zinssenkungen um 75 Bp. in diesem und mit weiteren 25 Bp. im nächsten Jahr.

Rückläufige Zinssenkungserwartungen für die EZB
Eingepreiste Zinssätze für den Euribor
Muster Bild
Quelle: Bloomberg, Commerzbank Research

Renditeausblick und Anlagestratgie
Die Renditen gingen im 4. Quartal 2023 kräftig zurück. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen sank um mehr als 100 Bp. von 3% auf unter 2%. Dies hat sich als übertreiben herausgestellt. Die wieder rückläufigen ZInssenkungserwartungen haben die Rendite erneut deutlich ansteigen lassen, diejenige 10-jähriger Bundesanleihen auf 2,35%. Nach der EZB-Ratssitzung gingen sie wieder auf 2,25% zurück.

In diesem Umfeld rechnen wir im Jahresverlauf mit rückläufigen Renditen bei Staatsanleihen. Treiber dürften die Zinssenkungen der Fed sein. Die Fed dürfte deutlich stärker senken als die EZB. Die Rendite 10-jähriger US-Treasuries kann durchaus in Regionen von 3,5% fallen. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen dürfte die 2%-Marke wieder unterschreiten, aber vom Ausmaß her weniger zurückgehen als die US-Renditen. Das aktuelle Renditeniveau ist attraktiv. Wir präferieren den kürzeren und den längeren Laufzeitenbereich.

Renditen von Bundesanleihen und Leitzins
Leitzins: Einlagensatz der EZB
Muster Bild
Quelle: LSEG Datastream, Commerzbank Research

Schwächerer US-Dollar erwartet
Wir erwarten, dass die Fed im Zuge der von uns erwarteten leichten Rezession in den USA ihren Leitzins um 150 Bp. in diesem Jahr und um 50 Bp. 2025 senken wird , insgesamt also um 200 Bp. Begonnen werden dürfte der Senkungszyklus im Mai. Die Marktteilnehmer preisen in etwa genauso viele Zinssenkungen ein. Von der EZB erwarten wir dagegen nur vier Zinssenkungen, drei in diesem und eine im nächsten Jahr. Zudem dürfte sie den Lockerungsprozess erst im Juni beginnen. Damit dürfte die EZB relativ zur Fed falkenhafter handeln, wovon der Euro profitieren sollte.

Fazit

Fazit

Obwohl für die EZB vom Markt zu frühe und zu viele Zinssenkungen eingepreist werden, schätzen wir Bundesanleihen als attraktiv ein. Treiber bleiben die bevorstehenden Zinssenkungen, insbesondere von der Fed. Wir bleiben positiv für den gesamten Rentenbereich und präferieren weiterhin kurze und längere Laufzeiten. Der Euro dürfte von dem Umfeld profitieren, da die Fed sehr stark ihre Geldpolitik lockern sollte.


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Redaktion
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