Wie hoch können Gerichtskosten sein?
02.12.2022 – Auseinandersetzungen und Verfahren vor Gericht verursachen nicht unerhebliche Kosten. Wie setzen sich Gerichtskosten zusammen und wie können Sie diese bewältigen?

Gerichtsverfahren verursachen Kosten
In der gerichtlichen Prozessordnung unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Strafrechtsverfahren und Zivilrechtsverfahren. Das Strafrecht verfolgt das Ziel, begangene Rechtsverletzungen zu ahnden und eine Wiederholung zu vermeiden. Das Zivilrecht ist das Recht der Bürgerinnen und Bürger untereinander und wird auch als Privatrecht bezeichnet. Gerichtsverfahren im Rahmen des Zivilrechts betreffen in erster Linie Rechtsstreitigkeiten zwischen Gläubigern und Schuldnern oder vertragsrechtliche Streitigkeiten sowie das Arbeitsrecht. Aber auch Mietrechtsangelegenheiten oder Streitfälle im Rahmen des Familienrechts werden gerichtlich ausgetragen. In jedem Fall verursachen diesen Verfahren unterschiedlich hohe Kosten. In diesem Ratgeber erfahren Sie, was Sie über die Höhe von Gerichtskosten wissen sollten und wie Sie diese berechnen.
Wie berechnen sich die Gerichtskosten bei einem Zivilprozess?
Gerichtsgebühren
Die genaue Höhe der Gerichtsgebühren ist im Gerichtskostengesetz (GKG) geregelt. Die einfache Gerichtsgebühr richtet sich im Zivilrechtsverfahren nach dem Streitwert.
Der Streitwert ist der monetäre, also der in Geld ausgedrückte Wert, um den es im Gerichtsverfahren geht.
In der 1. Instanz verlangen Gerichte jedoch bereits die 3-fache Gebühr, in einem Berufungsverfahren die 4-fache Gebühr und in der Revision die 5-fache Gebühr für den jeweiligen Streitwert.
Die Gerichtsgebühren richten sich zudem nach der Anzahl der zu vertretenden Mandantinnen und Mandanten.
Je mehr Mandantinnen und Mandanten oder Prozessgegner es gibt, umso höher fallen diese Gebühren aus. Bei einem hohen Streitwert kann das natürlich stark ins Geld gehen.
Die Auslagen
Die Auslagen sind Kosten, die zusätzlich zu den Gerichtsgebühren anfallen und diese manchmal sogar übersteigen. Zu den Auslagen zählen beispielsweise:
- Schreibauslagen
- Auslagen für Postgebühren und Telefonkosten
- Besichtigung von Örtlichkeiten
- Zeugenentschädigungen
- Kosten für Sachverständige und Gutachten
- Dolmetscherkosten
Die Gerichte, die für einen Zivilprozess zuständig sind, bestimmen ebenfalls den Streitwert oder die Rechtsangelegenheit. In Deutschland sind das:
- Das Amtsgericht bei Streitwerten bis zu 5.000€ und Mietrechtsangelegenheiten
- Das Landgericht für Streitwerte über 5.000€
- Das Oberlandesgericht und der Bundesgerichtshof als Berufungs- und Revisionsinstanzen
Gerichtskosten für einen Strafprozess
Gerichtsgebühren
Der Streitwert spielt bei den Gerichtsgebühren im Strafrecht eine untergeordnete Rolle, da es in diesen Prozessen nicht immer um Sachgüter geht, sondern um Körperverletzungen oder ähnliche Dinge. Diese können monetär nicht immer beziffert werden. Die Gebühren richten sich bei einem Strafprozess nach der Strafhöhe. In der 1. Instanz unterscheiden sich die Gebühren beispielsweise wie folgt
- Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten verursachen Gerichtsgebühren von 140€
- Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr 280€
- Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren 420€
Bei Geldstrafen bis zu 180 Tagessätzen betragen die Gebühren 140€ und für höhere Geldstrafen 280€.
Die Auslagen
Bei den Auslagen verhält es sich ähnlich wie bei einem Zivilprozess. Auch hier fallen Schreibgebühren, Zeugenentschädigungen und weitere Kostenposten an.
Die Nebenklage
Hinterbliebene oder Angehörige des Opfers können in einem Strafprozess als Nebenklägerin und Nebenkläger auftreten. Diese lassen sich durch Rechtsanwälte vertreten, was ebenfalls Kosten für den Beklagten verursacht. Wenn der Beklagte seine Unschuld beweisen kann und freigesprochen wird, fallen diese Kosten zulasten der Staatskasse. Das gilt dann auch für alle Gerichtsgebühren und Auslagen.
Wer trägt die Kosten für ein Gerichtsverfahren?
In einem Gerichtsverfahren muss, sofern es zu keiner Einigung kommen kann, der Verlierer des Prozesses alle angefallenen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) sowie die Auslagen übernehmen. Bei einem Vergleich der Streitparteien fallen jedoch wesentlich geringere Gerichtskosten an oder entfallen sogar zur Gänze. Das ist vor allem bei einem geringen Streitwert sehr vorteilhaft. Bei einer Klage, die Sie vor einem Sozialgericht einreichen, trägt die Kosten in der Regel der deutsche Sozialstaat. Damit gewährleistet man auch Personenkreisen mit geringerem Einkommen den Zugang zum Rechtssystem gewährleistet werden. In bestimmten Fällen können auch Beihilfen in Anspruch genommen werden. Im Rahmen von Scheidungsverfahren tragen meist beide Partner jeweils die Hälfte der angefallenen Gerichtskosten nach dem GKG. Wenn Sie eine Unterhaltsklage einreichen und den Prozess verlieren, müssen jedoch Sie allein die Kosten tragen.
Entscheidung über die Kostenübernahme
In Deutschland entscheiden die Gerichte, wer die Kosten für das Verfahren nach dem Gerichtskostengesetz zu tragen hat. Fällt die Entscheidung zu Ihrem Nachteil aus, müssen Sie nicht nur die eigenen Kosten für das Verfahren tragen, sondern auch die der Prozessgegner. Dazu gehören dann nicht nur die Gerichtskosten nach dem Gerichtskostengesetz, sondern auch alle Rechtsanwaltskosten. Wenn Sie eine Klage einreichen wollen, verlangt das Gericht, dass Sie einen Gerichtskostenvorschuss leisten. Das heißt, Sie müssen bei der Einreichung einer Klage immer einen Teil der Kosten vorerst selbst übernehmen. Auch hier spielt im Zivilrecht natürlich der Streitwert als Basis eine Rolle sowie das Gerichtskostengesetz. Erst dann beginnt das Gericht mit seiner Tätigkeit und leitet ein Verfahren ein. Der Grund dafür liegt darin, dass nicht jeder nach Lust und Laune einen Prozess beginnen kann.
Welche Beihilfen gibt es?
Wann Sie eine Beihilfe beantragen können
Unter den folgenden Voraussetzungen können Sie eine Prozesshilfe in Anspruch nehmen. Das ist der Fall, wenn einer der folgenden Punkte auf Sie zutrifft:
- Wenn Sie die Kosten für einen Prozess gar nicht oder nur teilweise aufbringen können
- Die Rechtsverfolgung gute Chancen auf einen Erfolg hat
- Wenn Sie den Prozess nicht mutwillig ins Leben rufen
Wird Ihnen die Prozesskostenhilfe zuerkannt, müssen Sie entweder gar keine Gerichtskosten übernehmen oder nur einen Teil davon, den Sie in Raten bezahlen können. Auch die Kosten für Ihren Anwalt übernimmt die Beihilfe. Die Entscheidung darüber hängt in erster Linie von Ihrem Einkommen und Ihren privaten finanziellen Mitteln ab. Wenn Sie selbst eine Klage einreichen und den Prozess verlieren, müssen Sie jedoch unabhängig von der Prozesskostenhilfe die Kosten der gegnerischen Partei übernehmen. Ausnahmeregelungen gibt es hier nur für Prozesse im Arbeitsrecht.
Wie Sie eine Prozesskostenhilfe erhalten
Die Prozesskostenhilfe müssen Sie in jedem Fall schriftlich beim zuständigen Gericht einreichen. Sie müssen hier vollständige Angaben über die Klage machen, damit das Gericht eine hinreichende Aussicht auf Erfolg prüfen kann. An diesen Antrag müssen Sie zudem die notwendigen Beweismittel sowie Nachweise über Ihre genauen finanziellen Verhältnisse und Ihr Einkommen anschließen. Formulare dafür finden Sie in allen Gerichten oder im Internet.
Rechenbeispiel für ein Gerichtsverfahren im Zivilprozess
Außergerichtliche Einigung
Geschäftsgebühr bei mittlerem Aufwand: Streitwert 1.000€; Gebührensatz dafür 80€. Der eigene Anwalt verrechnet dafür den 1,3-fachen Gebührensatz aufgrund seines Aufwands und berechnet 80 x 1,3 = 104€. Dazu kommt eine Post-Pauschale für Kopien, Reisekosten und sonstiges in Höhe von 20€ x 19% MwSt. Das ergibt einen Wert von 43,56€. Somit berechnet Ihnen Ihr Anwalt:
- Geschäftsgebühren: 104,00€
- Pauschale: 43,56€
Summe: 147,56€
Gerichtskosten in der 1. Instanz
Die Kosten für die Vorbereitung und Einreichung der Klage mit Gebührensatz 1,3 ergibt eine Summe von 104€ für den gegnerischen Anwalt bei einem Streitwert von 1.000€. Die außergerichtliche Gebühr für den eigenen Anwalt wird dabei jedoch nur zur Hälfte angerechnet, womit sich für den eigenen Anwalt eine Gebühr von 52€ ergibt. Dazu kommt eine sogenannte Termingebühr für Beweisaufnahmen und Erörterungen vor Gericht usw. Dafür wird die Pauschale für den Streitwert von 1.000€ mit dem Gebührensatz (80€) von 1,3 gewichtet, was einen Betrag von 96€ ergibt. Die Gerichtskosten selbst bestehen aus den Kosten für die 1. Instanz mit einem Gebührensatz von 3,0. Der einfache Gebührensatz beträgt dafür bei einem Streitwert von 1.000€ genau 53€ x 3,0 und damit 159€. Daraus ergibt sich folgende Rechnung:
Kosten und Gebühren für die 1. Instanz:
- Verfahrensgebühren: 104,00€
- Termingebühren: 96,00€
- Gerichtskosten: 159,00€
- Summe: 620,72€
Das gesamte Kostenrisiko beläuft sich beim oben erwähnten Streitwert für Sie als Kläger damit auf insgesamt 768,28€.
Für jeden weiteren Mandanten erhöhen sich die Gebühren und auch für jede weitere Instanz fallen zusätzliche Kosten an.
Info: Die Rechtsanwaltsvergütung und die Gerichtskosten hat der Gesetzgeber in Deutschland im Jahr 2013 empfindlich erhöht. Dadurch wurden Prozesse seit diesem Zeitpunkt auch teurer. Außerdem steigen die Streitwerte aufgrund der Inflation ständig an, was ebenfalls die Gerichtskosten erheblich verteuern kann. Im Arbeitsrecht sind steigende Löhne für die Verteuerung der Gerichtskosten verantwortlich.
Finanztipp bei hohen Gerichtskosten
Möchten Sie ein Gerichtsverfahren anstreben oder werden Sie zum Beklagten in einem Zivilrechtsprozess, empfiehlt es sich, sich rechtzeitig über die Finanzierung Gedanken zu machen. Für solche Fälle stehen Ihnen beispielsweise mittelfristige Geldanlagemöglichkeiten wie ein Tagesgeldkonto zur Verfügung. Andernfalls können Sie anfallende Gerichtskosten auch mithilfe eines Ratenkredits begleichen.
4 Spartipps für Gerichtskosten
Außergerichtliche Einigung
Wenn Sie eine Rechtsstreitigkeit außergerichtlich beilegen können, sparen Sie Gerichtskosten sowie Zeit und Geld. Das empfiehlt sich vor allem bei einem geringeren Streitwert.
Rechtsschutzversicherung
Durch den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung minimieren Sie Ihr eigenes Kostenrisiko bei diversen Streitigkeiten vor Gericht. Auch die Anwaltskosten werden dabei von der Versicherung übernommen.
Prozesskostenhilfe
Nehmen Sie nach Möglichkeit immer eine Prozesskostenhilfe in Anspruch.
Mediation
Bei kleineren Streitigkeiten empfiehlt sich der Besuch eines Mediators. Das ist eine fachkundige und neutrale Person, die zwischen den Streitparteien vermittelt. Dadurch können Sie sich einen Gerichtsprozess ersparen.
Kein Rechtsstreit ohne Gerichtsgebühren
Die Gerichtskosten setzen sich immer aus den gerichtlichen Gebühren und den jeweiligen Auslagen zusammen. Auch die Kosten für die Anwälte werden wie die Gerichtsgebühren berechnet. Um nicht die Orientierung zu verlieren, ist es ratsam, sich vor Beginn eines Prozesses darüber genau zu informieren. Im Internet finden Sie zudem eine Reihe von Gerichtskostenrechnern, die Ihnen zeigen, welche Gerichtsgebühren auf Sie bei einem bestimmten Streitwert zukommen.