Straßenausbaubeiträge: Was sie wissen müssen

01.01.2022 – Hier erfahren Sie, was Sie über Straßenausbaubeiträge wissen sollten und wo Sie dafür zur Kasse gebeten werden.

Straßenbauarbeiter in orangefarbener Schutzkleidung reparieren eine Straße

Keine einheitliche Regelung für Straßenausbaubeiträge

Straßenausbaubeiträge dienen der Finanzierung von öffentlichen Baumaßnahmen. In den deutschen Bundesländern gibt es bislang keine einheitlichen Regelungen dafür. Manche Bundesländer haben die Straßenausbaubeiträge bereits vollständig abgeschafft, in anderen Bundesländern laufen dementsprechende Verfahren. In diesem Ratgeber erfahren Sie, was Sie über den umstrittenen Straßenausbaubeitrag wissen sollten und in welchen deutschen Bundesländern Sie nach wie vor zur Kasse gebeten werden.

Was versteht man unter dem Straßenausbaubeitrag?

Der Straßenausbaubeitrag oder manchmal auch Straßenbaubeitrag genannt, ist eine Kommunalabgabe, die von Anrainern einer Straße für den Ausbau oder die Sanierung des Verkehrsweges verlangt wird. Das zugehörige Gesetz ist das KAG (Kommunalabgabengesetz). Diese Beiträge werden außer in Deutschland nur in Dänemark erhoben. Angesichts dessen sind die Straßenausbaubeiträge ein strittiges Thema unter den Beitragspflichtigen. Da sie oft in existenzbedrohender Höhe für Hauseigentümerinnen und Eigentümer anfallen, kämpfen Immobilien- und Grundstückseigentümer sowie einige politische Vertreter vehement gegen das Kommunalabgabengesetz an. Manche deutschen Bundesländer verzichten mittlerweile ganz auf die Einhebung dieser Gebühren. Andere Bundesländer befürworten hingegen die Einhebung von Straßenausbaubeiträgen, da sie in der Sanierung von Straßen eine Aufwertung der angrenzenden Grundstücke sehen.

Juristische Grundlagen

Gesetzlich ist der Straßenausbaubeitrag im Kommunalabgabengesetz (KAG) geregelt. Dieses ist je nach Bundesland unterschiedlich. Die Gemeinden selbst schreiben die Einhebung dieser Gebühren in Satzungen vor. Den Schwerpunkt dieser Satzungen bilden in erster Linie:

  • Die Festlegung der Beitragsschuldnerinnen und Beitragsschuldnern
  • Die Beschreibung der baulichen Maßnahmen mit Relevanz für den Straßenbaubeitrag
  • Kosten für die Beitragsfestlegung
  • Umlage der Kosten auf die angrenzenden Liegenschaften
  • Die Höhe des Gemeindeanteils

Die Anliegerinnen und Anlieger gelten als Teilschuldner, da die Straßen nicht nur zur Erreichung des eigenen Grundstücks dienen, sondern auch als Durchfahrtswege genutzt werden. Aus diesem Grund gibt es eine eigene Klassifizierung für die Straßen. Darunter fallen:

  • Anliegerstraßen
  • Haupterschließungsstraßen
  • Hauptverkehrsstraßen

Je nach Straßenart fallen die Kosten, die auf die Anlieger umgelegt werden, unterschiedlich hoch aus. Für Anliegerstraßen werden meist 75% der Kosten auf Anwohnerinnen und Anwohner umgelegt. Bei Haupterschließungsstraßen fallen 50% bis 60% der Kosten auf die Anlieger und bei Hauptverkehrsstraßen sind es lediglich 25%. Als Anliegerstraße bezeichnet man eine Straße, die in erster Linie als Zufahrt zu den sich dort befindenden Grundstücken oder Gebäuden dienen. Haupterschließungsstraßen dienen sowohl als Zufahrt zu den angrenzenden Liegenschaften als auch als Verkehrsweg für den örtlichen Durchgangsverkehr. Als Hauptverkehrsstraße wird eine Straße mit einem hohen Verkehrsaufkommen bezeichnet, die zudem eine Verbindungsfunktion zu anderen Orten oder Städten erfüllt.

Erhebung der Beiträge

Straßenausbaubeiträge werden von verschiedenen Bundesländern und Kommunen erhoben, wenn Sanierungsarbeiten an Straßen durchgeführt werden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um den Neubau einer Straße, sondern nur um die Instandhaltung vorhandener Straßenzüge. Die Einhebung dieser Beiträge ist politisch sehr umstritten und die Situation ist in den deutschen Bundesländern sehr unterschiedlich.

Wie setzt sich der Straßenausbaubeitrag zusammen?

Straßen und Wege müssen von den Gemeinden von Zeit zu Zeit saniert werden. Stehen derartige Arbeiten auf dem Programm, fordern die Kommunen den Straßenausbaubeitrag. Diesen Beitrag müssen alle Grundstückseigentümer bezahlen, die durch diese Verkehrswege verbunden sind. In diese Gruppe fallen Eigentümer, Erbbauberechtigte und Nutzungsberechtigte. Die Kosten für die Straßenbaumaßnahmen werden dabei auf diese Personengruppen umgelegt. Einen Teil der Kosten übernimmt die jeweilige Gemeinde. Die Höhe des Beitrags wird in den Satzungen der Gemeinde vorgeschrieben und hängt in erster Linie von der Art der baulichen Maßnahmen sowie von der Bedeutung der Straße ab.

Zum anderen richtet sich der Anteil der Kosten, der von den Anliegern gefordert wird, auch nach deren Grundstücken. Zu den Faktoren, welche die Höhe des Anteils für die Anlieger bestimmen, gehören:

1) Die Grundstücksgröße (A)

2) Das Ausmaß der Nutzung in Form der Geschosszahl (Faktor I)

3) Die Nutzungsart der Liegenschaft (Faktor II). Hier unterscheiden die Gemeinden zwischen der privaten und der gewerblichen Nutzung der Liegenschaft.

Berechnung des Straßenausbaubeitrags

Der Straßenausbaubeitrag wird nach folgender Formel berechnet:

Die Grundstücksgröße A x Faktor I x Faktor II ergibt das gewichtete Ergebnis für dieses Grundstück. Danach werden die umlagefähigen Kosten durch die Summe aller dieser gewichteten Ergebnisse durch alle betroffenen Immobilien geteilt. Dadurch erhalten Sie den Straßenausbaubeitrag pro m². Dieser Wert wird mit der Fläche des Grundstücks multipliziert und Sie erhalten den Straßenausbaubeitrag.

Rechenbeispiel

Nehmen wir an, Sie verfügen über ein Grundstück mit einer Fläche von 1.000m², auf dem sich ein ebenerdiges Gebäude befindet. Bei einem eingeschossigen Bau hat der Faktor I den Wert 1. Außerdem besteht ausschließlich eine private Nutzung, die wiederum mit dem Wert 1 angesetzt wird. Die Baumaßnahmen verursachen Kosten von 500.000€. Dann ergibt sich für Sie folgende Rechnung:

1.000m² x 1 x 1 = 1.000m² gewichtetes Ergebnis

In Ihrer Straße befinden sich mehrere Grundstücke und Gebäude, die insgesamt ein gewichtetes Ergebnis von 80.000m² zur Folge haben.

Die Baukosten von 500.000€ werden durch 80.000 dividiert und ergeben somit ein gewichtetes Ergebnis von 6,25€ pro m².

Daraus ergibt sich Ihr persönlicher Straßenausbaubeitrag von 1.000 x 6,25 = 6.250€.

Unser Finanztipp:

Wenn Sie Gebühren oder Abgaben entrichten müssen und nicht über das dafür notwendige Geld verfügen, können Sie natürlich einen Ratenkredit in Anspruch nehmen. Bei kleineren Beträgen können Sie auch Ihr Girokonto mit dem Dispokredit belasten. Allerdings ist dies mit höheren Zinskosten verbunden.

Straßenausbaubeiträge und Erschließungsbeiträge

Straßenausbaubeiträge dürfen nicht mit den sogenannten Erschließungsbeiträgen verwechselt werden. Erschließungsbeiträge sind im Bundesbaugesetz sowie in den Erschließungsbeitragssatzungen der Gemeinden verankert. Die Erschließungsbeiträge werden einmalig für die Erschließung von Grundstücken durch die Errichtung von Straßen erhoben. Dabei werden 90% der Kosten auf die Anlieger umgelegt. Erschließungsbeiträge sind wesentlich höher als gewöhnliche Straßenausbaubeiträge und werden zum überwiegenden Teil von den Anliegern bezahlt.

Straßenausbaubeiträge hingegen haben ihre Rechtsgrundlage in den Kommunalabgabegesetzen der Bundesländer (KAG) sowie in den spezifischen Straßenausbausatzungen der Kommunen.

Die Situation in den Bundesländern

Die Diskussion um die Abschaffung der Straßenbaubeiträge läuft in Deutschland bereits seit Jahren. Einige Bundesländer haben mittlerweile gänzlich auf die Einhebung dieser Beiträge verzichtet. Zu diesen Bundesländern gehören derzeit:

  • Hamburg
  • Bayern
  • Berlin
  • Baden-Württemberg
  • Brandenburg
  • Thüringen
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Sachsen-Anhalt

In den Bundesländern Schleswig-Holstein, Sachsen, Niedersachsen, Hessen und das Saarland überlassen die Länder die Einhebung der Gebühren den jeweiligen Kommunen. Im Bundesland Rheinland-Pfalz wollen die politischen Verantwortlichen zwar weiterhin Straßenbaubeiträge erheben, arbeiten jedoch an einer Entschärfung bei Härtefällen. In Nordrhein-Westfalen sind Proteste gegen die Beiträge gescheitert und es werden weiterhin Straßenbaubeiträge eingefordert.

Wie werden die Beiträge in den Bundesländern berechnet?

In den verbleibenden Bundesländern, die nach wie vor an der Einhebung der Gebühren festhalten, gibt es spezielle Regelungen.

Saarland
Die Gemeinden des Saarlandes können über die Einhebung dieser Gebühren selbst entscheiden. Die Einhebung "wiederkehrender Gebühren" (mit dem Ziel einer gleichmäßigeren Verteilung der Straßenausbaubeiträge) scheitert bislang an der praktischen Umsetzung.
Nordrhein-Westfalen
In NRW müssen Anlieger nur noch die Hälfte der vorgeschriebenen Straßenbaubeiträge bezahlen.
Schleswig-Holstein
Hier bleibt es den Kommunen selbst überlassen, ob sie Straßenbaubeiträge in Zukunft einheben wollen. Die meisten Gemeinden in diesem Bundesland verzichten jedoch auf eine weitere Erhebung dieser Gebühren.
Hessen
Im Hessen sind seit Mai 2018 die Kommunen nicht mehr dazu verpflichtet, von den Anliegern Straßenbaubeiträge einzuheben.
Niedersachsen
In Niedersachsen bleibt es den Kommunen überlassen, die Straßenbaubeiträge weiterhin einzuheben. Es laufen jedoch zahlreiche Bürgerinitiativen für die Abschaffung der Gebühren.
Sachsen
Hier gilt ebenfalls die Kann-Regelung. Viele Gemeinden verzichten bereits auf die Einhebung von Straßenbaubeiträgen. In Leipzig wurden diese sogar gänzlich gestrichen.
Rheinland-Pfalz
Ab 2024 dürfen keine fünfstelligen Beträge mehr von Anwohnern als Beiträge verlangt werden. Dafür werden diese Beiträge in Form "wiederkehrender Gebühren" eingefordert, das heißt mit dem Ziel einer gleichmäßigeren Verteilung.

Steuerliche Aspekte

Wenn Sie ein Gebäude vermieten oder ein Grundstück verpachten, können Sie die Ausgaben für den Straßenausbaubeitrag auch steuerlich geltend machen und als Werbungskosten absetzen. Wohnen Sie selbst in dem Gebäude, haben Sie die Möglichkeit, die Ausgaben als haushaltsnahe Leistung abzusetzen. Dafür müssen Sie jedoch einige Voraussetzungen beachten. Sanierungsmaßnahmen an einer vorhandenen Straße müssen bereits umgesetzt worden sein, es muss ein räumlicher Bezug zum eigenen Haushalt vorhanden sein und die Kosten sind in Material- und Arbeitskosten aufzuteilen.

Möglichkeiten im Widerspruchsfall

Sie haben die Möglichkeit, Klage gegen den Straßenausbaubeitrag einzureichen. In diesem Fall müssen Sie den Beitrag aber trotzdem vorerst bezahlen. Die Gemeinden bieten jedoch in besonderen Härtefällen bestimmte Ausnahmeregelungen. Beispielsweise können die Beiträge gestundet werden oder es wird die Möglichkeit gewährt, den Betrag in Raten zu bezahlen.

Der Straßenausbaubeitrag in der politischen Auseinandersetzung

Während man in vielen Bundesländern den Straßenausbaubeitrag für Anlieger abgeschafft hat, wird er in anderen Bundesländern nach wie vor verlangt. Dagegen gibt es prinzipiell zwar eine Einspruchsmöglichkeit, doch um die Bezahlung des Beitrags kommen Sie in einem solchen Fall trotzdem nicht herum. In diesen Bundesländern besteht für die potentiell Betroffenen nur die Hoffnung auf entsprechende Gesetzes- und Verfahrensänderungen in naher Zukunft, wie sie an vielen Orten in der politischen Diskussion sind.

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