Unternehmensnachfolge für den Notfall

Führungskräfte können durch Unfall, Krankheit oder Tod aus dem Unternehmen gerissen werden. Wir zeigen Ihnen, wie Sie sich auf den Ernstfall vorbereiten.

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Business Continuity: Absichern für den krankheits- oder unfallbedingten Ausfall

Ein Unfall, eine schwere Krankheit oder der Tod können das berufliche und private Leben aller Betroffenen von einem Tag auf den anderen verändern. Als Unternehmer in einer Schlüsselposition sollten Sie frühzeitig für ein solch unerwartet eintretendes Ereignis vorsorgen und die Unternehmensnachfolge für den Notfall sicherstellen. Business Continuity lautet das Credo. Ohne entsprechendes Nachfolgemanagement und eine Neubesetzung Ihrer Schlüsselposition droht das Unternehmen, durch Führungslosigkeit und unklare Verantwortlichkeiten manövrierunfähig zu werden. Dennoch setzen sich nur wenige Führungskräfte mit diesem Thema auseinander – setzt es doch sehr unangenehme Gedankenspiele voraus. Dabei sollte jede Führungskraft frühzeitig einen „Notfallkoffer“ packen.

Warum sich ein Nachfolgeplan lohnt

Einen Nachfolgeplan für das plötzliche Ableben oder ein krankheitsbedingtes Ausscheiden in der Schublade zu haben, bietet viele Vorteile. Dennoch gilt: Die Planung einer geordneten Nachbesetzung der eigenen Position bzw. der Unternehmensnachfolge kann dadurch natürlich nicht ersetzt werden.

Die Vorteile einer guten Planung der Unternehmensnachfolge für den Notfall auf einen Blick:

Führungskräfte sichern mit guter Nachfolgeplanung die kurz- bis mittelfristige Handlungsfähigkeit eines Unternehmens im Fall eines plötzlichen Ablebens.

Wer in einer Schlüsselposition tätig ist, kann so den weiteren Kurs bestimmen und den Fortbestand des Unternehmens damit begünstigen.

Pflichtteils- und Güterrechtsansprüche können zu Finanzengpässen und drohenden Liquiditätsproblemen führen. Unternehmen können durch klare Regelungen rechtzeitig vorsorgen.

Streitigkeiten bei Hinterbliebenen im Familien-, Gesellschafter- oder auch Mitarbeiterkreis können durch ein gutes Nachfolgemanagement im Ernstfall vermieden werden.

Wer für den Fall der Fälle vorsorgt, sichert nicht nur den Unternehmenserhalt, sondern auch den der eigenen Familie.

Tipp: Familiäre Situation nicht vergessen

Die Regelungen für den plötzlichen Nachlassfall betreffen auch die Familien von Unternehmern, die in Schlüsselpositionen tätig sind. So tritt zum Beispiel die gesetzliche Erbfolge in Kraft, wenn zu Lebzeiten keine Unternehmensnachfolge für den Notfall verfasst wird. Nicht selten verfügen die Erben jedoch nicht über die Qualifikationen oder das Anforderungsprofil, um das Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen – oder entscheiden sich bewusst dagegen. Neben den unternehmerischen Entscheidungen müssen daher auch rechtzeitig private Vereinbarungen getroffen werden.

Grundsätzliche Überlegungen für den plötzlichen Nachlassfall

Für eine gute Vorsorge – vor allem im Fall des unvorhersehbaren Ausscheidens eines Unternehmers – sollte Klarheit über grundsätzliche Aspekte der Nachfolgeplanung bestehen.

Nachfolge- oder Vertretungsregelung

Wer kann Sie kurz- und langfristig in Ihrer Schlüsselposition vertreten? Wie lange darf jemand ausfallen, bevor die Notfallplanung in Kraft tritt? Die Antworten auf diese Fragen sollten geklärt und schriftlich festgehalten werden.

Existenz unterstützender Strukturen

Welche Führungskräfte oder Vertrauenspersonen könnten den designierten Nachfolger unterstützen? Es sollte dafür gesorgt werden, dass sich die beteiligten Parteien, zum Beispiel Steuerberater und Anwalt, bereits kennen.

Vollmachten und rechtliche Regelungen

Wer benötigt oder hat bereits welche Vollmachten? Die ausgewählten Mitarbeiter sollten entsprechend informiert und vorbereitet werden. Eine Übersicht über Bevollmächtigte schafft im Ernstfall einen schnellen Überblick.

Erbschaftsansprüche

Sollen Erben in der Nachfolgeplanung berücksichtigt werden? Gibt es Pflichtteilbegünstigte, die ausbezahlt werden müssen? Mit Risiko-Lebensversicherungen zugunsten der Miteigentümer oder Partner kann finanziellen Engpässen vorgebeugt werden.

Innerfamiliäre oder außerfamiliär Nachfolge im Ernstfall

Um für den Notfall vorbereitet zu sein, sollten Unternehmer sich frühzeitig mit der Frage nach einer innerfamiliären oder außerfamiliären Unternehmensnachfolge befassen.

Innerfamiliäre Nachfolge

Vor allem bei Unternehmen in Familienbesitz beginnt eine Nachfolgesuche meist im Kreis der eigenen Verwandtschaft. Daher sollten sich Unternehmer frühzeitig mit den Themen Erben und Schenkungen auseinandersetzen. Neben der rein interfamiliären Nachfolge sind auch Mischformen möglich – das Unternehmen bleibt in Familienbesitz, wichtige Schlüsselpositionen werden allerdings extern besetzt. Bei einer GmbH hat die Entscheidung Auswirkungen auf die Gesellschafterstruktur und muss daher für den Notfallkoffer berücksichtigt werden.

Weiterführende Informationen zum Thema Verschenken, Vererben und Verkaufen finden Sie auf der Website der Commerzbank:

Finanzmanagement und Erbrecht

Für den Fall eines plötzlichen, unerwarteten Ausscheidens gilt es für Unternehmer in Schlüsselpositionen, auch finanzielle Vorkehrungen getroffen zu haben. Denn nicht selten geraten Unternehmen durch Finanzengpässe und drohende Liquiditätsprobleme in Folge von Pflichtteils- und Güterrechtsansprüchen im Todesfall in Schieflage. Häufig sind nicht ausreichend liquide Mittel verfügbar, um Erben auszuzahlen und damit einen Verkauf zu verhindern. Eine Vermögensanalyse im Vorfeld ist daher wichtig. Auch eine eingehende Beratung durch einen Rechtsanwalt und die Experten Ihrer Hausbank ist ratsam – insbesondere für junge Unternehmer und Gründer.

Schritt für Schritt den Notfallkoffer packen

Nachdem die grundsätzlichen Fragen zur weiteren Unternehmensausrichtung nach dem plötzlichen Ableben beantwortet sind, müssen diese in konkrete Nachfolgeplanungen für den Ernstfall umgesetzt werden. Sie sind individuell auf die Bedürfnisse und der Rechtsform des eigenen Unternehmens anzupassen und sollten immer zur Hand sein.

Schritt 1

Notwendige Verträge wie Regelungen zur Geschäftsführung und dem Gesellschaftervertrag, ein Testament, aber auch Eheverträge und erbrechtliche Vereinbarungen, müssen geprüft werden.

Schritt 2

Ein Notar, Anwalt oder Steuerberater sollten für die Prüfung, Beratung und Ausgestaltung der Dokumente einbezogen werden. Auch unsere Commerzbank-Experten unterstützen gerne.

Schritt 3

Alle Maßnahmen und Verfügungen für den privaten und unternehmerischen Bereich sollten schriftlich festgehalten und gesammelt an einem Ort aufbewahrt werden.

Wichtige Inhalte des Notfallkoffers

Der Notfallkoffer ist eine individuelle unternehmerische Dokumentensammlung. Vorlagen zum Inhalt eines Notfallkoffers, wie sie zum Beispiel viele Handelskammern zur Verfügung stellen, können bei der Erstellung helfen. Der Inhalt des Koffers muss jedoch betrieblichen Besonderheiten Rechnung tragen. Wichtig ist zudem, dass alle enthaltenen Dokumente vollständig, unmissverständlich und aktuell sind. Der Notfallkoffer kann sowohl private als auch geschäftliche Unterlagen beinhalten – je nachdem, wie eng die beiden Lebensbereiche miteinander verwoben sind.

Regelungen und Unterlagen für die Geschäftsführung

Die Analyse und Erstellung eines Anforderungsprofils können bei der Besetzung Ihrer Schüsselposition helfen. Die nachfolgende Führungskraft sollte mit klaren Vertretungsregelungen sowie befristeten Vollmachten ausgestattet werden, zum Beispiel mit der Erteilung von Prokura. Die Prokura ist laut Handelsgesetzbuch eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht mit gesetzlich festgelegtem Umfang. Sie befähigt den Prokuristen – hier den Geschäftsführer – zur Vornahme aller Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Unternehmens mit sich bringt.

Wichtige Verträge, behördliche Unterlagen und Vollmachten, wie zum Beispiel Handelsregisterauszüge, Grundbuchauszüge, Gewerbeanmeldungen, Kreditverträge, Versicherungspolicen, aber auch Bankvollmachten und Prokura, gehören daher zwingend in den Notfallkoffer. Ebenso wichtig für ein schnelles Handeln sind Schlüssel, Zugangscodes oder PINS für Software und Banktransaktionen.

Ein Testament

Mit der Erstellung eines Testaments vermeiden Unternehmer, die auch als Führungskräfte tätig sind, dass die gesetzliche Erbfolge in Kraft tritt – mit gegebenenfalls ungewollten Nachteilen für ihre Familien und das Unternehmen. Ein Testament sollte alle Aspekte des Nachlasses regeln – von der Benennung eines Testamentsvollstreckers bis hin zur Ernennung von Erben und Vermächtnisnehmern. Das Testament sollte in handschriftlicher Form oder notariell beurkundet vorliegen. Führen Sie Ihr Unternehmen als GmbH, muss das Unternehmertestament in Abstimmung mit den Gesellschafterverträgen stehen.

Sonderfall GmbH: Nachfolgeregelung im Gesellschaftsvertrag

Bei einer GmbH muss zudem eine Vertrauensperson benannt werden, die die Position des ausgeschiedenen Mitglieds besetzt und das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung ausübt. Denn: GmbH-Geschäftsanteile sind vererbbar. Im Todesfall fällt der Geschäftsanteil unmittelbar an die Erben. Ein Alleinerbe tritt dabei in die Gesellschafterstellung ein. Bei mehreren Erben können diese grundsätzlich nur als Erbengemeinschaft aktiv werden. Letzteres führt häufig zu ungewollten Herausforderungen in der Gesellschaftsstruktur, da Entscheidungsfindungen erschwert werden oder wichtige Qualifikationen zur Ausübung dieser Schlüsselposition fehlen. In Gesellschafterverträgen sollten daher zwingend eine Nachfolgeregelung enthalten sein. So können beispielweise Erben im Ernstfall ausgeschlossen oder dazu verpflichtet werden, ihre Anteile zu verkaufen. Ein Rechtsanwalt kann beraten.

Mehr Informationen zum Thema Gesellschaftervertrag erhalten Sie in unserem Beitrag „GmbH gründen“.

Weitere unternehmensrelevante Informationen

Auch aktuelle Strategiepapiere und Businesspläne dürfen nicht fehlen. Weitere grundlegende Informationen wie Kontoübersichten, Kontakte von Banken, Kunden, Lieferanten, Anwälten und Versicherungen sowie eine Vermögensübersicht sind ebenfalls essenzielle Bestandteile des Notfallkoffers.

Der Notfallkoffer auf einen Blick

Eine Checkliste der Commerzbank für Ihren individuell zu bestückenden „Notfallkoffer“ steht Ihnen zum Download (PDF) zur Verfügung.

Zudem bieten viele IHKs, wie zum Beispiel die IHK Wiesbaden, umfangreiche Vorlagen für Notfallhandbücher.

Notfallkoffer: Regelmäßig prüfen und aktualisieren

Die Inhalte des Notfallkoffers sollten regelmäßig überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden – mindestens einmal im Jahr und unverzüglich, sollte sich die unternehmerische oder private Situation entscheidend verändern. Auch Vertrauenspersonen wie Familienangehörige oder der Steuerberater müssen rechtzeitig über Änderungen der Inhalte oder des Aufbewahrungsortes der Dokumente informiert werden.

Private Vorsorge nicht vergessen

Neben der beruflichen Nachlassregelung bei einem unvorhergesehenen Ausscheiden ist auch die Vorbereitung auf den Ernstfall im Privaten wichtig. Folgende Dokumente sollten Sie für Ihren privaten Nachlass schriftlich aufsetzen und vorhalten. Möglichst konkrete Formulierungen sind dabei ein Muss:

Sie bevollmächtigen eine Vertrauensperson, im Ernstfall stellvertretend für Sie zu handeln und zu entscheiden – entweder vollumfänglich oder nur in einzelnen Bereichen.

Darin können Sie einen gesetzlichen Betreuer vorschlagen, der sich um Ihre Angelegenheiten kümmern. Ohne eine Vollmacht wird ein Betreuer gerichtlich verfügt.

Sie regelt medizinische Behandlungswünsche. Sie stellt sicher, dass der Patientenwillen umgesetzt wird, auch wenn die betroffene Person ihn nicht mehr äußern kann.

Eine Risikolebensversicherung, eine Berufsunfähigkeitsversicherung und eine private Haftpflicht können bei Tod oder schwerer Krankheit die Familie finanziell schützen.

Wer zu Lebzeiten das eigene Vermögen ordnet und dokumentiert, erleichtert Betreuern, Erben und Vertrauenspersonen die Verwaltung im Ernstfall.

Eine Checkliste zur privaten Vorsorge für den Ernstfall finden Sie auf der Website der Commerzbank.

Weitere interessante Informationen enthält auch die Internetseite des Bundesministeriums der Justiz. Hier können auch Broschüren angefordert werden.

Expertentipps zur Vorbereitung für den Ernstfall

Unsere Spezialisten der Commerzbank kennen sich mit allen Aspekten rund um das Thema Unternehmensnachfolge aus – auch der plötzlichen Nachfolgeregelungen im Todesfall. Nachfolgend beantwortet ein Experte der Commerzbank drei der ihm am häufigsten gestellten Fragen im Beratungsgesprächen.