Altersarmut: Warum sie zunimmt und wie Sie vorsorgen können
03.12.2024 – Immer mehr Menschen sind von Altersarmut betroffen. Doch was bedeutet das konkret und wie können Sie schon jetzt vorsorgen?
Altersarmut, Das Wichtigste in Kürze
- Altersarmut wird als „Einkommensarmut” definiert, das heißt: Wer im Rentenalter über weniger als 60% des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt, ist armutsgefährdet.
- In den letzten Jahren ist die Altersarmut in Deutschland immer weiter gestiegen. Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass sich die Situation in den nächsten 10 Jahren verschärfen wird.
- Eine frühzeitige private Vorsorge kann dabei helfen, sich vor Altersarmut zu schützen. Dafür gibt es verschiedene Investitionsmöglichkeiten und Versicherungen, die Sie nutzen können.
Definition, Was versteht man unter „Altersarmut”?
Jahrzehntelang arbeiten – doch am Ende reicht die Rente nicht zum Leben: Altersarmut ist für immer mehr deutsche Senioren bittere Realität. Und der Blick in die Zukunft ist besorgniserregend, denn in den kommenden Jahrzehnten könnte die Zahl der Betroffenen weiter steigen.1
Von Altersarmut spricht man dann, wenn Menschen im Rentenalter über weniger als 60% des mittleren Einkommens einer Gesamtbevölkerung (sog. „Medianeinkommen”) verfügen. Diese Schwelle wird als „Armutsgefährdungsgrenze” bezeichnet. Das Statistische Bundesamt gibt die Armutsgrenze für eine alleinlebende Person mit einem Haushaltseinkommen von 15.765 Euro netto im Jahr an.2
- Die Altersarmut in Deutschland ist eine „relative Armut” oder auch „Einkommensarmut”. Das heißt: Betroffene gelten im Vergleich zum durchschnittlichen Lebensstandard der Gesellschaft als arm.
- Demgegenüber steht die „absolute Armut”: Betroffene können grundlegende Lebensbedürfnisse nicht erfüllen und leben unter dem physischen Existenzminimum.
- Absolute Armut gilt in Deutschland als weitestgehend überwunden. Dennoch können sich Menschen, die von Altersarmut betroffen sind, auch in Situationen absoluter Armut wiederfinden.
Warum man von „Armutsrisiko” und nicht von „Armut” spricht
Das liegt daran, dass aus einem niedrigen Einkommen nicht zwangsläufig auch ein niedriger Lebensstandard folgen muss. Andere Faktoren wie Vermögenswerte oder Unterstützung von außen können dazu führen, dass der Lebensstandard trotz niedrigen Einkommens akzeptabel bleibt.
Zudem hat Armut viele Facetten, die statistisch unterschiedlich gewichtet werden können. Der EU-weite Indikator AROPE berücksichtigt deshalb weitere Dimensionen von Armut: Neben der Armutsgefährdung bezieht er auch die materielle und soziale Entbehrung sowie die Erwerbsintensität eines Haushalts ein.
Altersarmut in Deutschland: Aktuelle Situation
Das Armutsrisiko wird in Deutschland mit der sogenannten „Armutsgefährdungsquote” gemessen. Sie gibt Auskunft darüber, wie vielen Menschen weniger als 60% des Medianeinkommens zur Verfügung steht.
Die aktuellen Armutsgefährdungsquoten lassen folgende Rückschlüsse zu:
- Senioren sind besonders stark von Armut betroffen
Seit 2020 liegt die Armutsgefährdungsquote in der Altersklasse der Senioren über dem allgemeinen Wert.3 - Altersarmut erreicht neuen Höchststand
2023 lag die Armutsgefährdungsquote in der Altersklasse ab 65 Jahren bei 18,1% – und damit 0,6 Prozentpunkte höher als im Vorjahr.4 - Altersarmut nimmt zu
Seit 2005 ist die Altersarmut signifikant angestiegen (von 11% auf 18%). Über alle Altersklassen stieg die Armutsquote dagegen nur leicht (von ca. 14% auf 16%). 5
Altersarmut in der Zukunft: Keine guten Prognosen
Eine Studie der Bertelsmannstiftung prognostiziert, dass die Altersarmut bis in die 2030er-Jahre weiter zunehmen wird. Die Experten gehen sogar davon aus, dass das Armutsrisiko dann bei über 20% liegen könnte.6
Ostdeutschland könnte es besonders stark treffen: Während das Armutsrisiko derzeit noch unter dem westdeutschen Niveau liegt, erwarten Experten, dass es bis 2036 auf ca. 36% ansteigen und sich damit im Vergleich zu Westdeutschland nahezu verdoppeln wird. Als Hauptursache für diese Entwicklung wird die angespannte Lage auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt in den 1990er und 2000er Jahre angeführt.7
Altersarmut: Wer ist besonders betroffen und warum?
- Unterbrochene Erwerbsbiografien:
Wer längere Pausen in der Erwerbstätigkeit verzeichnet – zum Beispiel aufgrund von Arbeitslosigkeit, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigkeit – ist besonders armutsgefährdet. - Geringfügige Beschäftigungen:
Personen, die nicht in versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen oder Minijobs arbeiten, erwerben oft nur geringe Rentenansprüche und haben dadurch eine erhöhte Altersarmutgefährdung. - Niedriglohnsektor:
Beschäftige in Branchen oder Regionen mit tendenziell niedrigen Löhnen – insbesondere in den neuen Bundesländern – sind häufiger von Altersarmut betroffen, da sie weniger in die Rentenkasse einzahlen.
Damit sind bestimmte Personengruppen ganz besonders von Altersarmut bedroht:
- Langzeitarbeitslose
- Geringfügig Beschäftigte
- Geringqualifizierte
- Menschen in Niedriglohnbranchen und -regionen
- Selbstständige mit geringem Einkommen
- Personen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien (z. B. durch Kindererziehung oder Pflegezeiten)
- Alleinstehende Frauen und Männer
- Menschen mit Migrationshintergrund
Warum Frauen häufiger von Altersarmut betroffen sind als Männer
Statistiken zeigen, dass Rentnerinnen häufiger von Altersarmut bedroht sind als Rentner.
Die Gründe für diese geschlechtsspezifischen Unterschiede sind vielfältig:
Niedrige Erwerbstätigenquote
Die Erwerbsquote von Frauen ist zwar gestiegen, dennoch gibt es weiterhin mehr erwerbstätige Männer. Ohne Erwerbstätigkeit steigt das Armutsrisiko stark: Bei Frauen ohne Erwerbserfahrung liegt die Armutsquote bei über 50%.8
Unterbrochene Erwerbsbiografien
Kindererziehung und Pflege übernehmen meist Frauen, die dafür ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen. Das senkt ihre Rentenansprüche.
Niedriglohnsektoren
Frauen arbeiten überproportional oft in schlecht bezahlten Jobs, was zu geringeren Rentenansprüchen führt. 2022 lagen die Alterseinkünfte von Rentnerinnen ein Drittel unter denen der Rentner – die 'Gender Pension Gap' in Deutschland ist überdurchschnittlich hoch.9
Teilzeitarbeit
Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit und zahlen daher weniger in die Rentenkasse ein. Das reicht oft nicht aus, um eine angemessene Altersvorsorge aufzubauen.
Einkommensabhängigkeit in Partnerschaften
Frauen mit niedrigen Renten werden oft durch das Einkommen des Partners unterstützt. Bei Trennung oder Tod des Partners kann das jedoch schnell zu finanziellen Engpässen führen.
Höhere Lebenserwartung
Frauen haben eine höhere Lebenserwartung als Männer und müssen daher länger von ihren Renten leben. Sind die Rücklagen unzureichend, steigt das Risiko der Altersarmut im Alter.
4 Tipps, So können Sie sich vor Altersarmut schützen
Berechnen Sie Ihre Rentenlücke
- Die Rentenlücke ist die Differenz zwischen Ihrem Nettoeinkommen vor Renteneintritt und Ihrer Rente. Ihre Rentenlücke können Sie mit verschiedenen Rechnern im Internet berechnen.
- Wenn Sie die Rentenlücke kennen, wissen Sie, wie viel Geld Sie benötigen, um Ihren Lebensstandard im Alter zu halten. So können Sie Ihre Vorsorge optimal planen.
Sprechen Sie mit einem Finanzberater
- Welche Vorsorgemaßnahmen passen wirklich zu Ihnen? Besprechen Sie Ihre Situation mit einem erfahrenen Finanzberater, um herauszufinden, wie Sie bestmöglich vorsorgen können.
- Die Commerzbank steht Ihnen bei allen Fragen rund um das Thema Altersvorsorge zur Seite und entwickelt gemeinsam mit Ihnen einen Plan.
Schließen Sie Ihre Versorgungslücken
- Erwerbsunterbrechunge n (z. B. durch Arbeitslosigkeit, Kindererziehung oder Krankheit) schmälern Ihre Rentenansprüche. Sie gehören zu den häufigsten Ursachen für Altersarmut.
- Sollten Sie Unterbrechungen in Ihrer Erwerbsbiografie haben, prüfen Sie, ob Sie diese Lücken ausgleichen können. Kindererziehungszeiten lassen sich beispielsweise bei der Deutschen Rentenversicherung anrechnen.
Sorgen Sie frühzeitig privat vor
- Das gesetzliche Rentensystem kann die meisten Rentenlücken nicht schließen. Die private Altersvorsorge bzw. Zusatzrente gehört deshalb zu den wichtigsten Bausteinen, um Altersarmut vorzubeugen.
- Viele Maßnahmen zur privaten Vorsorge sind so gestaltet, dass sich Ihr Geld langfristig vermehrt – damit Sie im Alter davon profitieren können. Daraus folgt: Je früher Sie mit der privaten Vorsorge beginnen, umso besser.