Anstoß zu mehr Gleichberechtigung

Marlies Sänger ist neben ihrem Job bei der Commerzbank Kapitänin des erfolgreichen Vereins FC Viktoria Berlin. Dabei geht es ihr um noch viel mehr als nur um Frauenfußball.

Icon von Person
Sabine Ostrowicki

Commerzbank

Die Fußballerinnen um Marlies Sänger jubeln nach ihrem Tor.
Marlies Sänger (Nummer 18) trifft für den FC Viktoria Berlin. Das Team ist auf dem Weg, den Frauenfußball nachhaltig zu verändern. Copyright: Michael Romacker© 
Sechs Gründerinnen wollen das Frauenteam des FC Viktoria Berlin in die Erste Bundesliga führen und damit für mehr Chancengleichheit im Sport sorgen. Commerzbankerin Marlies Sänger erlebt die Aufbruchstimmung als Kapitänin hautnah – und spürt erste Veränderungen.

In der Presse und auf Social Media ist die Resonanz riesig: Als im Sommer 2022 sechs Gründerinnen um die ehemalige Nationalspielerin Ariane Hingst das Frauenteam des FC Viktoria Berlin mit der Ansage übernehmen, den Frauensport nachhaltig verändern zu wollen, trifft das einen Nerv. Innerhalb kürzester Zeit bekommen sie prominente Unterstützung. 87 Investoren, darunter bekannte Persönlichkeiten wie Maria Höfl-Riesch, Carolin Kebekus oder Dunja Hayali, investieren insgesamt eine Million Euro in das Team. Es werden namhafte Sponsoren wie Stepstone und Douglas gewonnen und die zweimalige Schwimmweltmeisterin Franziska van Almsick geht in den Aufsichtsrat.

Seitdem wird auch Marlies Sänger immer häufiger angesprochen. „Ich bekomme Mails von Kollegen oder werde angerufen, ob ich Zeitungsartikel über die Hauspost bekommen möchte“, erzählt die Senior Unternehmerkundenbetreuerin aus Berlin. Denn neben ihrem Hauptjob bei der Commerzbank führt sie als Kapitänin das inzwischen bundesweit bekannte Frauenteam an – und erlebt das medienwirksame Projekt hautnah. „Das ist aber kein PR-Gag“, betont die Spielerin. „Hier geht es um eine gesellschaftliche Veränderung und ich bin megafroh, dabei zu sein.“

"Hier geht es um eine gesellschaftliche Veränderung."

Fußball spielt die Innenverteidigerin schon seit sie zehn Jahre alt ist. Ihr Onkel habe sie immer zu Spielen mitgenommen, erzählt die 27-Jährige. Schließlich fing sie beim Lichtenrader BC selbst an zu kicken, zunächst noch bei den Jungen, ab der D-Jugend dann bei den Mädchen. Seit 2011 spielt sie nun schon für Viktoria Berlin in der Regionalliga Nordost. Das Team aus Berlin-Lichterfelde stand dabei bislang kaum im Fokus der Öffentlichkeit – bis die sechs Gründerinnen auf den Verein zukamen mit der Idee, ihn innerhalb der nächsten fünf Jahre in die 1. Bundesliga zu führen. Schließlich ist die Hauptstadt dort im Frauenfußball bislang nicht vertreten. Das soll sich ändern – und damit auch die Wahrnehmung des Sports.

Rahmenbedingungen im Frauenfußball verbessert

„Am Anfang waren wir schon auch etwas skeptisch, ob das wirklich so umgesetzt wird“, sagt Marlies Sänger. „Aber es ist beeindruckend, was die Frauen auf die Beine gestellt haben.“ Zunächst wurde das Team in eine GmbH ausgegliedert und wird nun entsprechend als eigene Marke aufgebaut. Die Spielerinnen bekommen erstmals eine Aufwandsentschädigung. Insgesamt haben sich die Rahmenbedingungen deutlich verbessert.

„Wir können jetzt mehrmals auch auf Rasenplätzen und nicht nur auf Kunstrasen trainieren“, erzählt die Kapitänin. Es gibt Unterstützung durch eine Physiotherapeutin und eine Mannschaftsärztin. Auch der Kader konnte erweitert werden. Zahlreiche Investoren kommen ins Stadion und unterstützen das Team sicht- und hörbar. Sport 1 übertrug bereits ein Spiel im Free-TV, weitere sollen folgen.

„Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn das Ganze schon vor zehn Jahren passiert wäre“, räumt Marlies Sänger ein. Dann wäre für ihre sportliche Karriere vielleicht noch mehr möglich gewesen. Für Frauen ist es jedoch nach wie vor schwer, mit dem Profifußball auch ausreichend Geld zu verdienen. Stepstone, Hauptsponsor des Teams, greift das in einer aktuellen Werbung plastisch auf: „Ein Spiel dauert 90 Minuten. Und Frauen verdienen 85 Prozent weniger als Männer“, heißt es dort.

Freude über Sponsoring

Finanzthemen haben Marlies Sänger indes schon immer interessiert, daher machte sie ein Praktikum bei der Bank und später ein duales Studium. So engagiert wie im Sport berät sie nun auch ihre Kunden, das sind kleine und mittelständische Unternehmen in Berlin. Und sie freut es, dass die Commerzbank die Frauen-Nationalmannschaft sponsort. „Das macht mich auch ein bisschen stolz.“

Sie selbst trainiert vier Mal die Woche. Jedes zweite Wochenende steht ein Auswärtsspiel an. Als Stammspielerin mit großem Erfahrungsschatz übernimmt sie dabei im Team eine wichtige Führungsrolle – und sorgt nicht zuletzt mit ihrer Kopfballstärke auch für Tore. „Ich möchte den Weg so lange begleiten, wie ich kann“, sagt sie. „Die 2. Bundesliga kann ich mir noch gut vorstellen.“

Eine Saison hat sie mit dem Verein auch schon mal dort gespielt. Aber ohne die nötige Unterstützung stieg die Mannschaft schnell wieder ab. Das sieht jetzt anders aus. Und die Motivation ist groß. „Ich hoffe aber, dass wir nicht nur als Viktoria von der Veränderung profitieren, sondern dass es nachhaltig ist“, sagt die Kapitänin. „Wenn Frauen Fußball spielen wollen, sollen sie überall die gleichen Chancen haben.“

Porträt Marlies Sänger

Marlies Sänger

Senior Unternehmerkundenbetreuerin

Marlies startete 2014 mit einem dualen Studium im Privat- und Unternehmerkundenbereich der Commerzbank. Anschließend studierte sie Business Administration im Master. Seit 2019 ist Marlies im Unternehmerkundensegment tätig – seit Herbst 2021 als Senior Unternehmerkundenbetreuerin. Parallel spielt sie seit 2011 Fußball in der Regionalliga Nordost bei den 1. Frauen von FC Viktoria Berlin 1889.

FC Viktoria Berlin

Das Berliner Fußball-Regionalligateam der Frauen gehört zum Verein FC Viktoria 1889 Berlin. Im Juli 2022 wurde der Bereich des 1. Frauenteams als GmbH ausgegliedert. Initiiert, gegründet und geleitet wird es von den sechs Gründerinnen Ariane Hingst, Verena Pausder, Tanja Wielgoß, Felicia Mutterer, Katharina Kurz und Lisa Währer. Ziel ist es, neben den sportlichen Erfolgen einen Wandel im deutschen Fußball voranzutreiben.

communication___envelope_24_outline