Was Schiffsbewegungen über die Effekte der US-Zölle verraten
Wir haben hochfrequente Schiffsdaten analysiert, um die Effekte der US-Zölle auf Handelsflüsse zu identifizieren.
Commerzbank Economic Research
21.05.2025
Wir überprüfen dramatische Medienberichte zu Handelseinbrüchen
Obwohl die Höchstsätze der sogenannten "reziproken Zölle" vorerst ausgesetzt sind, sind die von Donald Trump eingeführten US-Zölle noch immer um ein Vielfaches höher als vor dessen Amtsantritt. Auf teilweise dramatische Art und Weise berichten nun Medien in den USA bereits über die ersten Folgen: So ist der Umschlag etwa im wichtigen Hafen von Los Angeles Anfang Mai um 30% gegenüber dem Vorjahr gefallen. Andere Schreckensnachrichten schlagen in die gleiche Kerbe.
Verlässliche Handelsstatistiken jedoch veröffentlichen viele Länder erst mit langem Zeitverzug. Um Verwerfungen im Handel und deren Effekte auf die Volkswirtschaften in den USA und China nachzuvollziehen, haben wir deshalb aktuelle Containerschiffsbewegungen analysiert. Diese stellen immerhin eine Annäherung an die tatsächlichen Handelsflüsse dar. Da diese Zeitreihen allerdings stark schwanken und saisonalen Trends unterliegen, vergleichen wir die Daten mit einem hypothetischen Verlauf ohne Zölle. Der Vergleich mit diesen erwarteten Warenflüssen erlaubt ökonomisch sinnvolle Aussagen und eröffnet die teilweise überraschenden Erkenntnisse, die wir unten beschreiben. Eine volle Übersicht über Methoden und Einschränkungen der Daten liefern wir unten (siehe Kasten .)
Die Lieferketten der USA werden wohl nicht reißen
Trotz der Medienberichte beobachten wir insgesamt für die zehn größten Häfen der USA bis zum Stichtag vom 16. Mai keinen dramatischen Einbruch. Im Vergleich zum April könnten die Einfuhren über Containerhäfen um etwa 10% gefallen sein. Damit liegen die aktuellen Einfuhren aber nur knapp unter dem hypothetischen Verlauf, den man ohne Zölle zu dieser Zeit erwarten würde. Im Gegenteil hatte es in den vergangenen Monaten massive Vorzieheffekte gegeben. Denn in den letzten Monaten hatten die Häfen 10% mehr Umschlag verzeichnet als man erwartet hätte.
Einerseits dürften also Lager prall gefüllt sein. Andererseits importieren die USA zumindest über den maritimen Transport immer noch viele Waren. Daher gehen wir nicht davon aus, dass die US-Zölle massive Lieferkettenprobleme durch ausfallende Importe auslösen wie in der Pandemie. Viel mehr zeigen die Daten, dass viele Importeure gezwungen sein dürften, die Zölle zu bezahlen. Das erhöht in den kommenden Monaten entweder die Konsumentenpreise in den USA oder schmälert die Unternehmensprofite.
Den vollständigen Text finden Sie im PDF-Dokument.