Ein Import-Tsunami aus China?

Überschwemmt China in Reaktion auf die US-Zölle Deutschland mit günstigen Waren?

people___profile_24_outline
Dr. Vincent Stamer

Commerzbank Economic Research

12.12.2025

Tatsächlich sind die Importe Deutschlands aus China in den vergangenen beiden Jahren gestiegen und die Importpreise gefallen. Das setzt vor allem den deutschen Maschinenbau und die Chemieindustrie unter Druck. Allerdings ist der Rückgang der Importpreise wohl nicht auf die indirekten Effekte der US-Zölle zurückzuführen, sondern hat andere Gründe. Die eigentliche Umlenkung der Warenströme und der damit verbundene Konkurrenzkampf dürfte Europa somit erst noch bevorstehen.

Aufgrund der hohen US-Zölle fürchtet die europäische Wirtschaft eine Schwemme vieler günstiger Waren aus China. Denn wenn die chinesischen Unternehmen weniger Waren in den Vereinigten Staaten absetzen können, dürften chinesische Exporteure ihre bisher für den amerikanischen Markt produzierten Waren mit Preisnachlässen in andere Länder umleiten. Auf den ersten Blick hat sich diese Befürchtung bereits bewahrheitet: So hat die EU-Kommission gezeigt, dass bei 126 Warengruppen die Importe der EU zuletzt drastisch gestiegen und gleichzeitig die Preise dieser Waren deutlich gefallen sind ( Link ). Da die Europäische Union aber bis zu 9.600 Warengruppen importiert, ist die Entwicklung bei 126 Waren noch kein Beweis dafür, dass ein Umleitungseffekt im großen Stil schon eingesetzt hat.

Importe aus China steigen schon länger

Ein Blick auf die Handelsflüsse insgesamt zeigt, dass die deutschen Importe aus China tatsächlich in den letzten Jahren deutlich gestiegen und die entsprechenden Importpreise gefallen sind. So hat Deutschland im dritten Quartal dieses Jahres bereinigt um Preisänderungen 2,7 Milliarden Euro an Waren mehr eingeführt als im gleichen Zeitraum des Jahres 2023 – ein Anstieg von 12%. Gleichzeitig waren die Preise für diese Importe 1,8% niedriger als zwei Jahre zuvor. Allerdings hat dieser Trend bereits schon mindestens ein Jahr vor der Einführung des US-Zölle im April 2025 eingesetzt.

Darüberhinaus ist der absolute Anstieg der Importe aus China zwar der stärkste aus allen Handelspartnern, ein Einzelfall ist das Land damit aber nicht. Vielmehr sind auch die Importe aus den Ländern der Europäischen Union, aus Afrika und aus den Schwellenländern Asiens deutlich gestiegen. Die Importpreise aus asiatischen Schwellenländern sind sogar noch stärker gefallen als jene aus China. Im Gegensatz dazu sind die Importe aus den Vereinigten Staaten, den europäischen Industriestaaten außerhalb der EU (Norwegen, Schweiz und Vereinigtes Königreich) sowie aus den asiatischen Industrieländern gefallen. Hier zeichnet sich eine allgemeine Verschiebung der Importe von Industriestaaten zu Entwicklungs- und Schwellenländern ab, wovon China am stärksten profitiert.

Den vollständigen Text finden Sie im PDF-Dokument.