Factsheet US-Außenhandel
Anders als von vielen befürchtet hat der neue US-Präsident Trump zu seiner Amtseinführung keine konkreten Zölle verhängt.
Commerzbank Economic Research
27.01.2025
Zölle zunächst als Mittel im Kampf gegen illegale Einwanderung...
Donald Trump hat zwar, anders als im Wahlkampf angekündigt, noch nicht gleich am ersten Tag seiner Amtszeit die große Zollkeule ausgepackt. Das bedeutet allerdings nicht, dass man hier von Entwarnung sprechen kann. Zunächst scheint er die Drohung mit Zöllen als ein Mittel einsetzen zu wollen, um die illegale Einwanderung in die USA zu bekämpfen.
Am Wochenende wurde dies mit Kolumbien durchexerziert. Die Regierung dieses Landes weigerte sich zunächst, amerikanischen Abschiebeflügen eine Landeerlaubnis zu erteilen. Trump drohte daraufhin einen sofortigen Zoll von 25% an, der sich in einer Woche auf 50% erhöhen würde (die USA sind der wichtigste Exportmarkt Kolumbiens und führen jährlich Waren für etwa 16 Mrd. Dollar aus diesem Land ein). Nach Angaben des Weißen Hauses hat Kolumbien daraufhin engelenkt, Donald Trump sieht daher von der Umsetzung der angedrohten Strafmaßnahmen ab.
Pressemeldungen zufolge verdichten sich die Anzeichen, dass Trump bereits am Wochenende gegen Kanada und Mexiko vorgehen könnte. Trump hatte einen Zollsatz von 25% auf Importe aus Mexiko und Kanada in Aussicht gestellt, ohne sich darauf bereits festzulegen. Als möglichen Termin nannte er den 1. Februar. Er begründete dies damit, dass diese Länder den Strom von Migranten und Drogen wie Fentanyl in die USA nicht ausreichend verhindern würden. Der ebenfalls angedrohte zusätzliche 10%-ige Zollsatz auf Importe aus China wurde damit gerechtfertigt, dass China Vorprodukte für Fentanyl nach Mexiko liefert.
Diese angedrohten Maßnahmen haben nicht-ökonomische Hintergründe. Er hat sich wahrscheinlich zunächst auf diese Punkte konzentriert, weil sie mit dem für seine Wähler vermutlich wichtigsten Thema zusammenhängen, der Grenzsicherung. Allerdings dürfte die offenkundig hohe Bereitschaft, das Zollinstrument einzusetzen, auch die Einschätzung der Marktteilnehmer darüber beeinflussen, wie wahrscheinlich umfassende Zölle sind.
... und bald auch gegen das hohe Handelsbilanzdefizit?
Zwar scheint das Vorgehen gegen illegale Zuwanderung zunächst Priorität zu haben. Danach wird aber wohl der Kampf gegen das hohe Handelsdefizit in das Zentrum rücken. Dass Trump es ernst meint, unterstreichen auch seine Ankündigung, die Schaffung einer neuen Behörde für das Eintreiben von Zöllen und anderen Abgaben im Außenhandel zu prüfen und seine Erwartung, dass daraus erhebliche Einnahmen in den Staatshaushalt fließen werden. Ebenso erklärte er in Davos klipp und klar, Unternehmen sollten in den USA produzieren oder sie müssten mit Zöllen rechnen. Der Umgang mit Kolumbien zeigt zwar, dass Trump auf angedrohte Zölle verzichtet, wenn er anderweitig beschwichtigt wird. Allerdings dürfte es den Handelspartnern schwerfallen, ihm einen vollständigen Ausgleich der Handelsbilanz zuzusagen.
Seine Aussage zu Zöllen auf chinesische Produkte, "er würde sie lieber nicht einsetzen müssen", stufen wir eher als Verhandlungstaktik ein. Würde er von vornherein Zölle als unvermeidlich einstufen, hätte China keinen Anreiz, zumindest auf manche seiner Forderungen einzugehen, etwa beim Fentanyl-Thema.
Einige Kongressabgeordnete haben auch bereits eine Gesetzesvorlage im Senat und im Repräsentantenhaus (dort mit Unterstützung von Demokraten) eingebracht, die China den Status der "Permanent Normal Trade Relations" entziehen soll. Gemäß der Vorlage soll ein Zoll von 100% auf als strategische eingestufte Waren aus China erhoben werden und ein Mindestzoll von 35% auf die übrigen. Ein robustes Vorgehen gegen China hat überparteiliche Rückendeckung.
Stichtag 1. April
Dass Trump sich bisher zurückgehalten hat, liegt womöglich auch daran, dass einige der für die Verhängung von Zöllen in Frage kommenden gesetzlichem Grundlagen vorherige Untersuchungen erfordern. Entsprechend hat Trump eine umfassende Überprüfung der US-Außenhandelspolitik angeordnet. Die zuständigen Behörden sollen bis zum 1. April Berichte zu unfairen Handelspraktiken anderer Staaten, zu Währungsmanipulation, diskriminierenden ausländischen Steuern sowie zu den Praktiken des Technologietransfers vorlegen. Außerdem sollen sie Maßnahmen vorschlagen, die das Handelsdefizit reduzieren.
Die zuständigen Stellen werden auch angewiesen, zu überprüfen, ob sich China an seine Verpflichtungen im Rahmen des Phase-I-Deals gehalten hat. Dieser wurde in der ersten Amtszeit Trumps abgeschlossen. China hat ausweislich der Handelsdaten die darin zugesagten Volumina von Einfuhren aus den USA nicht erfüllt.
Auf Basis der im April vorliegenden Analysen hat Trump dann vielfältige Möglichkeiten, einzelne Länder, Branchen oder ganze Ländergruppen ins Visier zu nehmen.
Zölle gegen das Außenhandelsdefizit
In den Analysen dürften mit ziemlicher Sicherheit Zölle eine große Rolle spielen, wenn es darum geht, das von Trump als "unfair" wahrgenommene US-Außenhandelsdefizit zu reduzieren. Dabei schaut er allerdings ausschließlich auf das Defizit bei Waren. Dieses hat sich außerhalb des Ölsektors in den letzten Jahren ausgeweitet, wobei bei Ölprodukten die USA inzwischen einen geringfügigen Überschuss aufweisen. Bei Dienstleistungen sind die USA traditionell Netto-Exporteur.
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