Deutsches Q3-BIP – ein Ausreißer nach oben

Der unerwartete Anstieg des deutschen Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal um 0,2% dürfte ein Ausreißer nach oben sein.

people___profile_24_outline
Dr. Jörg Krämer

Commerzbank Economic Research

30.10.2024

Die seit dem Frühjahr fallenden Frühindikatoren wie das Ifo-Geschäftsklima deuten unverändert auf ein schwieriges Winterhalbjahr. Danach dürfte es wegen der Hiobsbotschaften aus der wichtigen Autoindustrie und der jahrelangen Erosion der Standortqualität nur zögerlich nach oben gehen. Für 2025 rechnen wir nur mit einem mageren Plus von 0,2%.

Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist im dritten gegenüber dem zweiten Quartal unerwartet um 0,2% gestiegen (Konsens & Commerzbank: -0,1%). Das Statistische Bundesamt verwies auf starke staatliche und private Konsumausgaben.

Q2 deutlich nach unten revidiert

Das unerwartete Plus im dritten Quartal wird durch die deutliche Abwärtsrevision des zweiten Quartals (-0,3% statt bisher -0,1%) relativiert. Entsprechend verbessert sich die Ausgangsbasis für die 2025er Prognose nur um 0,1%.

Ein Ausreißer nach oben

Wegen der seit dem Sommer fallenden Frühindikatoren war für das dritte Quartal nicht mit einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt zu rechnen. Wir betrachten den überraschenden Anstieg deshalb als Ausreißer nach oben, der wohl auch eine Gegenbewegung zum revidierten deutlichen Minus im zweiten Quartal ist.Besser können wir das beurteilen, wenn die Statistiker am 22. November auch die Zahlen für die Nachfragekomponenten des Bruttoinlandsprodukts veröffentlichen.

Ein schwieriges Winterhalbjahr gefolgt von einer blutleeren Aufwärtsbewegung

Die seit dem Sommer in der Grundtendenz fallenden Stimmungsindikatoren sprechen unverändert für ein schwieriges Winterhalbjahr. Aber danach müsste eigentlich eine konjunkturelle Erholung anstehen. Schließlich liegen die EZB-Zinserhöhungen dann anderthalb Jahre zurück, und die EZB hat längst den Zinssenkungszyklus eingeleitet. Außerdem sind mittlerweile rund zwei Drittel des Energiepreisanstiegs von 2022 rückgängig gemacht.

Aber die konjunkturellen Aufwärtskräfte werden durch die ungelösten, tiefgreifenden Strukturprobleme der deutschen Wirtschaft massiv überlagert. Dabei geht es nicht nur um die schlechte Lage der äußerst wichtigen Autoindustrie, die unter dem Aufeinandertreffen verschiedener Probleme (Absatzflaute in China, politisch forcierte Elektrifizierung, Verunsicherung der Konsumenten etc.) leidet. Darüberhinaus sind die Unternehmen auch außerhalb der Automobilwirtschaft tief verunsichert, weil die Bundesregierung die seit den Merkel-Jahren zu beobachtende Erosion der Standortqulität nicht entschieden angeht und eine konsistente Reformpolitik nicht in Sicht ist. Deshalb rechnen wir ab dem Frühjahr nur mit einer blutleeren Aufwärtsbewegung. Für das gesamte Jahr 2025 prognostizieren wir ein mageres Plus von 0,2% (2024: -0,2%).