EZB – wohl keine Zinssenkung bereits im Oktober
Auf der heutigen Pressekonferenz erweckte die EZB den Eindruck, ihre Leitzinsen nicht bereits im Oktober erneut senken zu wollen.
Commerzbank Economic Research
12.09.2024
Der EZB-Rat hat heute den Einlagensatz wie erwartet von 3,75% auf 3,5% gesenkt. Die EZB wiederholte die bekannte Aussage, dass die Geldpolitik solange restriktiv bleibe, wie es notwendig sei, um das Inflationsziel von 2% zu erreichen. Bei den Zinsentscheidungen werde sich die EZB an den volkswirtschaftlichen Daten orientieren und von Treffen zu Treffen entscheiden.
Nächste Zinssenkung bereits im Oktober?
Die Terminmärkte sahen vor Beginn der Pressekonferenz eine Wahrscheinlichkeit von rund 40%, dass die EZB nicht bis zu den nächsten Inflations- und Konjunktur-Projektionen im Dezember wartet, sondern ihre Zinsen bereits auf der Oktober-Sitzung erneut senkt. Als Argument verweisen viele Beobachter auf die Inflationsrate im September, die vor allem wegen günstiger Basiseffekte unter dem EZB-Ziel von 2% liegen dürfte. Aber EZB-Präsidentin Lagarde verwies in der Pressekonferenz genau auf diese Sonderfaktoren, weshalb die Inflation im vierten Quartal wieder ansteigen werde. Im übigen hat die EZB ihre Prognose für die Kerninflation in diesem Jahr leicht von 2,8% auf 2,9% angehoben. Während der Pressekonferenz fiel die Wahrscheinlichkeit für einen Oktober-Schritt auf rund 25%.
Gegen einen frühen Zinsschritt spricht auch, dass selbst viele Tauben im EZB-Rat empfehlen, sich bei Zinsentscheidungen auf die quartalsweise veröffentlichten Projektionen zu konzentrieren. Außerdem hat sich die Inflation ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel nach unserem Eindruck bei knapp 3% festgesetzt, also merklich oberhalb des EZB-Ziels. Darüber hinaus legen die Tariflöhne nach Daten der EZB weiter rasant zu. Wir erwarten die nächste Zinssenkung nicht bereits für Oktober, sondern erst für Dezember.
2025 sinken Zinsen weiter
In der ersten Hälfte des kommenden Jahres dürfte die EZB ihre Zinsen noch zwei Mal um jeweils 25 Basispunkte senken. Der Einlagensatz stände Mitte 2025 dann bei 2,75%. Wir erwarten weitere Zinssenkungen, obwohl die unterliegende Inflation 2025 hauptsächlich wegen stark steigender Löhne merklich über der Marke von 2% bleiben sollte. Der von Tauben dominierte EZB-Rat dürfte die Zinsen senken, solange die Inflationsdaten das auch nur halbwegs hergeben. Die EZB ist weniger datenabhängig, als sie behauptet. Erst wenn das unterliegende Inflationsproblem ab Mitte nächsten Jahres für die meisten sichbar wird, dürfte die EZB den Zinssenkungsprozess beenden.
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