So vermeiden Sie eine Überschuldung

05.05.2022 – Eine drohende Überschuldung kann jede Firma treffen. Wie erkennen Sie frühzeitig Warnsignale und wie führt der sichere Weg aus der Überschuldung hinaus?

Eine junge Frau in Jeans und Bluse, sitzt umgeben von Rechnungen auf dem Fußboden und blickt auf eine Rechnung in ihren Händen. - Überschuldung vermeiden

Die geschäftliche Lage aller Unternehmen und Branchen ändert sich langsam, aber sicher. Schulden können so auch für Ihre Firma zu einer reellen Gefahr werden, die nicht in einer Insolvenz enden soll. Da größere Investitionen oder die Aufnahme von Krediten zum unternehmerischen Alltag dazugehört, lässt sich das Risiko nicht gänzlich vermeiden. Richtig mit dem Thema Überschuldung umzugehen und sich frühzeitig möglichen Risiken zu stellen, bewahrt Sie im Idealfall vor größeren Problemen.

Was ist eine Überschuldung?

Eine Überschuldung liegt unabhängig von der Unternehmensform vor, wenn Ihr Unternehmen langfristig mehr Geld ausgibt als einnimmt und das vorhandene Vermögen diese Ausgaben nicht ausgleicht. Werden die gesetzten Umsatz- oder Gewinnziele verpasst oder kommen unerwartete Ausgaben auf Ihr Unternehmen zu, machen Sie Schulden. Bleibt die Höhe Ihrer Schulden dauerhaft über Ihrer Vermögenshöhe, liegt eine Überschuldung vor.

Ob aus der vorliegenden Überschuldung eine Insolvenz droht, wird im Rahmen einer Fortbestehensprognose und eventueller Erstellung einer Überschuldungsbilanz ermittelt. In vielen Fällen ist die Überschuldung von kurzfristiger Natur und kann bei einem geschäftlichen Aufschwung wieder ausgeglichen werden. Die Fortbestehensprognose sowie die Überschuldungsbilanz schätzen dies ab, wonach eventuell das zwingende Stellen eines Insolvenzantrags erfolgt.

Was ist der Unterschied zur Zahlungsunfähigkeit?

Die Überschuldung eines Unternehmens ist noch nicht mit einer Zahlungsunfähigkeit gleichzusetzen. Beide zusammen sind die häufigsten Ursachen für eine Insolvenz eines Unternehmens. Die Überschuldung beschreibt zunächst nur den Zustand, dass Ihre Schulden über dem betrieblichen Vermögen liegen.

Bei der professionellen Bewertung Ihrer Überschuldung kann die Fortbestehensprognose positiv ausfallen. Es wird angekommen, dass die Überschuldung über einen begrenzten Zeitraum vorliegt. Fällt die Prognose negativ aus, ist kurz- oder langfristig von der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens auszugehen. Bei einem noch positiven Reinvermögen ist noch kein Insolvenzantrag zu stellen. Reicht Ihr Vermögen hingegen in die roten Zahlen hinein, ist der Antrag auf Insolvenz zwingend zu stellen.

Wie kann sich ein Unternehmen verschulden?

Die Gründe für eine drohende oder eingetretene Überschuldung sind vielfältig. Wichtig ist zu erkennen, dass jedes Unternehmen in jeder Branche dem potenziellen Risiko unterliegt, selbst wenn über Jahre hinweg blendende Geschäftszahlen vorlagen. Zu den häufigsten Gründen einer möglichen Überschuldung gehören:

Verpassen von Umsatz- oder Gewinnzielen

Bei gleichbleibenden Ausgaben Ihres Unternehmens verpassen Sie Ihre Ziele im Umsatz oder im Gewinn. Eine Insolvenz droht, wenn dieser Zustand fortbesteht und Ihre Verbindlichkeiten langfristig nicht mehr durch Ihr Vermögen gedeckt wird.

Unerwartet hohe Ausgaben

Auch die gegenteilige Situation kann der Grund Ihrer Überschuldung sein. Bei einem stabilen Umsatz steigen die Ausgaben Ihres Unternehmens, wodurch sich der Gewinn reduziert. Schlimmstenfalls fällt dieser in die roten Zahlen und Sie bauen trotz stabiler Umsätze Schulden auf.

Betreiben von Misswirtschaft

Erfahrene Unternehmen analysieren Umsätze und Verbindlichkeit genau und nehmen regelmäßige Anpassungen vor. Bei betriebswirtschaftlicher Unerfahrenheit, beispielsweise in der Anfangsphase eines Start-ups, kann dies ausbleiben. Unfreiwillig wird eine Misswirtschaft betrieben, die zur Überschuldung führt und die Existenz des Unternehmens bedroht.

Risikoreiche Kreditaufnahme

Die Aufnahme von Schulden gehört zum unternehmerischen Alltag dazu. Wird hier nicht auf adäquate Tilgungskonditionen geachtet, können ein oder mehrere Darlehen über Jahre hinweg zur erheblichen Last des Unternehmens werden. Scheitert die Rückzahlung der Schulden, ist dies oft ein direkter Weg in die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens. Umso wichtiger ist die Kreditaufnahme zu fairen Konditionen, die Ihnen die Commerzbank gerne erarbeitet.

Welche Unternehmensformen können von der Überschuldung betroffen sein?

Die Überschuldung betrifft im rechtlichen Sinne in Deutschland ausschließlich Unternehmen, bei denen eine beschränkte Haftung mit Eigenkapital vorliegt. Dies gilt bei deutschen Gesellschaftsformen wie der GmbH, AG und UG, genauso wie internationalen Gesellschaftsformen wie der SE oder Ltd.

Für Stiftungen und Vereine gilt eine ähnliche Vorgehensweise inklusive Erstellung von Fortbestehensprognose und Überschuldungsbilanz. Für natürliche Personen gilt das private Insolvenzrecht, falls diese als Schuldner ihre privaten Schulden nicht mehr zurückzahlen können. Gleiches gilt für die GbR und ähnliche Personalgesellschaften.

Wie prüfen Sie, ob eine Überschuldung vorliegt?

Die praktische Überprüfung einer Überschuldung ist schwierig und in ihren Methoden nicht unstrittig. Die Erstellung einer Fortbestehensprognose sowie einer Überschuldungsbilanz gehört hierbei zu den wichtigsten formalen Schritten. Zuvor können Sie anhand einiger Indizien prüfen, ob ein Insolvenzverwalter überhaupt diese formale Prüfung einleiten sollte. Hierzu gehören:

  • stark sinkende Eigenkapitalquote
  • große Verluste in Relation zum Eigenkapital
  • starker Anstieg Ihrer Verbindlichkeiten oder Schulden
  • Verluste über mehrere Jahre hinweg
  • steigender Fehlbetrag, der nicht durch Eigenkapital gedeckt wird.

Wichtig ist, dass eine Verschuldung noch längst keine Überschuldung darstellt. Die Schulden sind stets in Relation zum vorhandenen Vermögen des Unternehmens zu betrachten. Pauschal lässt sich jedoch festhalten: Je größer die Verschuldung eines Unternehmens, umso größer ist das potenzielle Risiko der Überschuldung.

Deuten mehrere Indikatoren auf eine Überschuldung hin, liegt die Überprüfung durch einen erfahrenen Insolvenzverwalter nahe. Dieser geht in zwei Schritten vor.

Erster Schritt: Fortbestehensprognose

Bei der Fortbestehensprognose wird ein Blick auf das aktuell laufende und das nachfolgende Geschäftsjahr geworfen. Hierbei nimmt der Verwalter eine Einschätzung vor, ob die Überschuldung temporär sein dürfte oder zum Dauerzustand wird. Hierbei nimmt die Prognose der Liquidität eine führende Rolle ein. Es soll sichergestellt werden, dass das Unternehmen im geprüften Zeitraum nicht zahlungsunfähig wird. Gilt dies als wahrscheinlich, ist im Folgeschritt eine Überschuldungsbilanz zu erstellen.

Zweiter Schritt: Überschuldungsbilanz

Die Überschuldungsbilanz ist die formale und rechnerische Prüfung, ob tatsächlich eine Überschuldung vorliegt. Im Rahmen der Überschuldungsbilanz werden Schulden und Vermögen präzise einander gegenübergestellt. Zeigt sich nach negativer Fortbestehensprognose auch noch eine negative Überschuldungsbilanz, muss zwingend ein Insolvenzantrag gestellt werden.

Rechtzeitig Überschuldung oder Insolvenzreife anzeigen

In den seltensten Fällen ist ein Unternehmen von einem auf den anderen Tag zahlungsunfähig. Vielmehr lässt sich im Rahmen der Fortbestehensprognose oder bei Erstellung der Überschuldungsbilanz ermitteln, zu welchem Zeitpunkt in der Zukunft die Zahlungsunfähigkeit gegeben ist. Wichtig ist, zu diesem ermittelten Zeitpunkt der Insolvenzreife den Insolvenzantrag zu stellen.

Bereits zuvor sind viele Gesellschaftsformen verpflichtet, bei einer eingetretenen Überschuldung tätig zu werden. Kann das Unternehmen als Schuldnerin und Schuldner Gläubigerinnen und Gläubiger nicht mehr bedienen oder sind weitere Indikatoren erfüllt, bleiben nur wenige Wochen Zeit. Gemäß §15a Abs. 1 InsO muss beispielsweise bei einer GmbH der Geschäftsführer drei Wochen nach Eintritt der Überschuldung einen Eröffnungsantrag stellen.

Passiert dies nicht, ist schnell der Verdacht einer Insolvenzverschleppung gegeben und muss gesondert geprüft werden. Bis zum festgelegten Zeitraum wird dem Unternehmen die Möglichkeit gegeben, zusätzlich Kapital zu beschaffen und sich von den bestehenden Schulden zu befreien. Falls dies nicht gelingt, sollte der Insolvenzantrag deshalb dringend pünktlich gestellt werden.

Die Folgen einer Überschuldung

Ist ein Unternehmen überschuldet, muss dies wie oben beschrieben noch keine direkten Folgen auf den Geschäftsbetrieb haben. Fast jedes Unternehmen wird als Schuldner auftreten, wobei Gläubigerinnen und Gläubiger Banken oder Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner sein können. Erst bei einer negativen Fortbestehensprognose und einer negativen Überschuldungsbilanz stellt die drohende Insolvenz eine ernsthafte Folge für das Unternehmen dar.

Beachten Sie, dass eine aus der Überschuldung folgende Insolvenz nicht nur direkte, betriebswirtschaftliche Folgen hat. Betriebsbedingte Kündigungen bis zur vollständigen Geschäftsaufgabe sind eine häufige Folge. Auch Produkte der Altersvorsorge für einen gesicherten Lebensabend können gefährdet sein und müssen zur Not privat weitergeführt werden. Das negative Image in der Öffentlichkeit wird es zudem erschweren, nach überstandener Insolvenz Vertrauen im Kundenkreis aufrechtzuerhalten.

So kommen Sie aus einer Überschuldung heraus

Sich aus einer Überschuldung zu befreien, ist nicht mit der Abwicklung einer Insolvenz gleichzusetzen. Bei dieser sind externe Experten wie Insolvenzverwalter zu beauftragen, um einen Fortbestand des bisherigen Geschäftsbetriebs vorzunehmen und die Liquidität des Unternehmens zu erhöhen.

Maßnahmen gegen eine Überschuldung sind vom Unternehmen am besten schon einzuleiten, bevor die Überschuldung vorliegt. Ein fortwährender Blick auf die Ansprüche Ihrer Gläubigerinnen und Gläubiger, die Umsatzentwicklung oder eine Reduktion Ihrer Verbindlichkeiten leisten einen wesentlichen Beitrag, damit Ihr Betrieb gar nicht erst überschuldet.

Im Folgenden einige praktische Tipps, wie Sie aus einer festgestellten Überschuldung herauskommen oder diese bereits in der Entstehung verhindern:

Verringerung von Auszahlungen

Mit der Reduktion Ihrer Verbindlichkeiten erleichtern Sie Ihre Situation als Schuldner und steuern Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit entgegen. So lässt sich vielleicht ein Aufschub von Zahlungen beim Finanzamt vereinbaren, die Lagerhaltung reduzieren oder geplante Investitionen aufschieben.

Steigerung von Einnahmen

Die Vergrößerung der Einnahmen ist natürlich das wichtigste unternehmerische Ziel und nicht ohne Weiteres zu erreichen. Trotzdem gibt es einige Ansatzpunkte wie das Factoring als Verkauf bestehender Forderungen, die Beschleunigung von Rechnungsausgängen oder ein konsequenter geführtes Mahnwesen.

Umschuldung von Krediten

Falls Sie als Schuldnerin oder Schuldner auftreten und mehrere Unternehmenskredite tilgen müssen, lohnt ein Blick auf die bestehenden Kreditkonditionen. Ähnlich wie im privaten Sektor lohnt es oft, die Gläubigerinnen und Gläubiger im Rahmen einer Umschuldung zu wechseln und die Tilgungslast als Schuldnerinnen und Schuldner spürbar zu reduzieren.

Optimierung innerbetrieblicher Abläufe

Gerade bei jungen und unerfahrenen Unternehmen werden Indizien für eine drohende Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit schnell übersehen. Hier gilt es, mit Erfahrung Prozesse im Rechnungswesen, der Finanzbuchhaltung und dem Firmenmanagement zu optimieren. Bedrohliche Situationen lassen sich so frühzeitig erkennen und im Idealfall komplett vermeiden.

6 Tipps zur Vermeidung einer Überschuldung

Finanzen immer sauber überblicken

Auch wenn es banal klingt, sollten Sie als Unternehmerin und Unternehmer zu jedem Zeitpunkt einen klaren Überblick über Ihre Einnahmen und Ausgaben haben. Eine saubere Führung aller Geschäftskonten, ein Blick über alle bestehenden Kostenfaktoren und Ihren Status als Gläubigerin und Gläubiger sowie als Schuldnerin und Schuldner gehört zu den absoluten Grundlagen, um gar nicht erst über eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit nachdenken zu müssen.

Aktive Suche nach Vergünstigungen vornehmen

Das unternehmerische Leben bringt eine Fülle von Kostenfaktoren mit sich. Hierbei geht es nicht nur um Kredite und Verbindlichkeiten, bereits der einfache Mobilfunk- oder Stromvertrag bringt Kosten für Ihre Firma mit sich. Entsprechend gibt es ein großes Potenzial zur Optimierung, um in der Summe die bestehenden Verbindlichkeiten zu reduzieren und neue finanzielle Spielräume zu gewinnen.

Regelmäßig über Kreditangebote informieren

Über Ihre unternehmerischen Entscheidungen haben Sie die volle Kontrolle. Ihre Rolle als Schuldnerin bzw. Schuldner mit Geschäft- oder Finanzpartnerinen und Partner als Gläubigerin und Gläubiger können Sie nicht direkt beeinflussen. Allerdings haben Sie hierzu indirekt die Möglichkeit, indem Sie sich regelmäßig über die Veränderungen des Kreditmarkts informieren und diese für sich nutzen. Gerne hilft Ihnen die Commerzbank hierbei.

Reduktion der Schulden priorisieren

Die praktische Erfahrung zeigt, dass bestehende Verbindlichkeiten und Kredite die wichtigsten Faktoren sind, um die Überschuldung anzugehen und eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Bevor Sie frühzeitig unüberlegt neue Investitionen vornehmen, ist es sinnvoller, Ihre Rolle als Schuldnerin und Schuldner angenehmer zu gestalten.

Offener Umgang mit allen Umständen praktizieren

Kein Unternehmen denkt gerne über Themen wie Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit nach. Trotzdem gilt es, die Wirklichkeit zu akzeptieren und sich jeder neuen Situation zu stellen. Hierbei geht es nicht erst um die rechtzeitige Anzeige der Überschuldung, um den Verdacht der Insolvenzverschleppung zu zerstören. Betriebsintern sollte sachlich und ruhig verstanden und kommuniziert werden, wenn die Verbindlichkeiten das Vermögen kurz- oder langfristig zu übersteigen drohen.

Kluge Hilfe von außen holen

Nicht selten führt die Situation einer bevorstehenden Überschuldung in die Zahlungsunfähigkeit, wenn die handelnden Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer unüberlegte und riskante Entscheidungen treffen. Wenn Sie sich in der gegebenen Situation überfordert fühlen, holen Sie sich externe Hilfe. Professionelle Unterstützung von außen sollte also nicht erst im Rahmen einer Fortbestehensprognose oder Überschuldungsbilanz ins Haus kommen.

Überschuldungen im Unternehmen sind kein Weltuntergang

Übersteigen Ihre Schulden Ihr Vermögen, liegt eine Überschuldung vor. Damit diese nicht in der Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz mündet, nehmen Sie rechtzeitig die beschriebenen Indizien wahr und leiten Sie intern oder mit externer Hilfe adäquate Gegenmaßnahmen ein. Dies kann bedeuten, durch eine Fortbestehensprognose oder eine Überschuldungsbilanz die Zahlungsfähigkeit über das nächste Geschäftsjahr hinaus nachzuweisen. Als Schuldnerin und Schuldner regelmäßig bestehende Kredite abzubauen, Verbindlichkeiten zu reduzieren und größeres Fachwissen ins Finanzmanagement zu bringen, sind wertvolle, präventive Schritte.

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