Wahl in Frankreich – Schwierige Regierungsbildung
In der zweiten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich hat das Linksbündnis "Neue Volksfront" überraschend die meisten Sitze gewonnen.
Commerzbank Economic Research
08.07.2024
Le Pens Partei nur auf dem dritten Platz...
Die zweite Runde der Parlamentswahlen in Frankreich hat mit dem Linksbündnis einen überraschenden Sieger. Die "Neue Volksfront", die sich erst vor wenigen Wochen zusammengeschlossen hatte, kam auf 182 der 577 Sitze in der Nationalversammlung. Die Koalition Macrons schnitt besser ab als befürchtet und hat immerhin noch 168 Sitze, während das Rassemblement National (RN) auf 143 Sitze kommt.
Der Grund für das überraschende Ergebnis ist das taktische Verhalten der Parteien der Linken und der Mitte. Diese wollten auf jeden Fall den Sieg des RN verhindern, und haben daher ihre jeweils weniger aussichtsreichen Kandidaten zurückgezogen, um die Wahlchancen des verbliebenen Kandidaten zu erhöhen (die französische Version der deutschen "Brandmauer"). Die Wahlbeteiligung lag mit 59,7% deutlich höher als 2022 (38,1%), was dem RN vermutlich geschadet hat. Auch wenn der RN damit sein Wahlziel einer absoluten Mehrheit deutlich verfehlt hat, hat er die Anzahl seiner Sitze im Parlament aber deutlich gesteigert (2022: 89 Sitze).
... keine der Blöcke ist in Reichweite einer Mehrheit
Die Mehrheit im Parlament liegt bei 289 Sitzen. Keiner der drei großen Blöcke kommt hier auch nur in die Nähe. Fraglich ist zudem, wie stabil die Neue Volksfront ist. Diese setzt sich aus 74 Sitzen für LFI (die links-extreme Partei von Jean-Luc Mélenchon) mit 74 Sitzen, den Sozialisten (59 Sitze), den Grünen (28 Sitze) und den Kommunisten (9 Sitze) zusammen.
Schwierige Regierungsbildung
Premierminister Attal will seinen Rücktritt heute einreichen, Präsident Macron hat ihn allerdings noch nicht akzeptiert. Attal könnte für eine Übergangszeit auf seinem Posten bleiben.
Wer ihm nachfolgen wird, ist derzeit kaum absehbar. Eines ist aber sicher: Die Bildung einer stabilen und handlungsfähigen Regierung wird schwierig sein. So wird der Premierminister vom Präsidenten ernannt und nicht vom Parlament gewählt. Allerdings kann er jederzeit vom Parlament per Misstrauensvotum gestürzt werden. Aus welchem Lager der Premierminister kommen wird, dürfte auch davon abhängen, ob sich die Neue Volksfront trotz großer interner Meinungsunterschiede auf einen Kandidaten einigen kann. Sollte dieser eher zu den moderateren Kräften gehören, dürfte Präsident Macron kaum darum herumkommen, diesen auch zu ernennen. Allerdings wäre er von der Duldung des Macron-Lagers und vielleicht sogar auch der Republikaner (LR) abhängig, die ihn jederzeit zusammen mit dem RN per Misstrauensvotum stürzen könnten.
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