Mittelständler im Anlageverhalten gespalten
Agieren versus resignieren
20.09.2016
- Neue Studie der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) zum Finanzanlageverhalten mittelständischer Unternehmen
- 57 Prozent der Mittelständler mit Anlagebedarf, das durchschnittliche Anlagevolumen mit 4,7 Mio. Euro weiterhin auf hohem Niveau
- 50 Prozent der Unternehmen verfügen über Pensionsverpflichtungen, rund die Hälfte davon ist nicht oder nicht ausreichend finanziert
Infolge der guten Geschäftslage hat sich der Anteil der Unternehmen mit Anlagebedarf im Vergleich zu den Vorjahren weiter erhöht. Durch das anhaltende Niedrigzinsniveau nimmt jedoch auch der Druck auf die Finanzverantwortlichen zu. In der neuen Studie der FH des Mittelstands in Bielefeld (FHM) äußern 57 Prozent der befragten Mittelständler, dass sie Anlagebedarf hätten. Mit 4,7 Mio. Euro liegt der durchschnittliche Anlagebetrag weiterhin auf hohem Niveau. Ein Rückgang ist lediglich bei den Anlagevolumina größerer Mittelständler zu verzeichnen, die versuchen, Guthabengebühren zu vermeiden. Auffällig ist, dass die Zinserwartung trotz eines historisch niedrigen Marktzinsniveaus auf 3 Prozent gestiegen ist (Vorjahr: rund 2,4 Prozent). Diese Erwartung kann unter anderem damit erklärt werden, dass viele Mittelständler als Anlagerendite nicht den Marktzinssatz, sondern eher die Gewinnerwartung an das eigene Unternehmen als Orientierungspunkt sehen. Andere Unternehmen benötigen schlichtweg eine höhere Verzinsung, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen.
Nicht alle Mittelständler sind jedoch bereit, für die gewünschte Mindestverzinsung auch das Anlageverhalten zu verändern: Während sich gut ein Drittel der Befragten trotz keiner oder sogar negativer Rendite stark sicherheitsorientiert verhält, sind rund 40 Prozent der Befragten bereit, für eine höhere Rendite auch Kursschwankungen in Kauf zu nehmen. Ähnliches gilt für die Laufzeiten der Anlagen: Während 22 Prozent der Befragten weiterhin an kurzfristigen Laufzeiten unter 3 Monaten festhalten, sind 32 Prozent bereit, Liquidität auch länger als 1 Jahr anzulegen. „Wir sehen immer mehr, dass sich mittelständische Unternehmen hierbei in zwei Lager aufspalten: Etwa zwei Drittel der Unternehmen gehen das Thema aktiv an und suchen unter Inkaufnahme längerer Laufzeiten und mit adjustierten Risikovorstellungen nach Anlagealternativen wie zum Beispiel Fremdwährungsanlagen oder Multi-Asset-Fonds. Das verbleibende Drittel hat das Anlageverhalten bisher kaum geändert“, so Martin Keller, Geschäftsbereichsleiter Product Management der Mittelstandsbank.
Das Phänomen der Guthabengebühren hat sich bei den befragten Unternehmen in der Breite weiterhin verfestigt: 37 Prozent geben an, von ihrem Kreditinstitut daraufhin angesprochen worden zu sein. Jedoch ist nur rund ein Viertel der Unternehmen dazu bereit, Guthabengebühren zu vermeiden und die Laufzeiten auf bis zu drei Jahren zu verlängern.
Als kritischen Punkt benennt die Studie erstmals die Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen – darüber verfügen immerhin 50 Prozent der Befragten. Hier scheint eine Verhaltensänderung notwendig, da bei diesen Mittelständlern die Hälfte nicht oder nicht ausreichend finanziert ist. Nur 45 Prozent der befragten Unternehmen verfügen über eine Deckung von mehr als 75 Prozent. Dies wird viele Mittelständler vor Herausforderungen stellen. „Zur Deckung dieser Lücke werden künftig höhere Einzahlungen notwendig werden. Ein intelligentes Anlagemanagement kann dabei unterstützen, um Renditerückgänge möglichst gering zu halten“ so der wissenschaftliche Leiter der Studie, Prof. Dr. Volker Wittberg.
Die Studie zeigt ebenso eine Verhaltensänderung beim Handel von Wertpapieren. Während bisher der Zahlungsverkehr und die Verwaltung von Tages- und Termingeldern online abgewickelt wurden, ist es durchschnittlich für ein Drittel der Befragten denkbar, Wertpapiere online zu handeln. „In der Mittelstandsbank haben wir uns bereits auf diesen sich verstärkenden Trend eingestellt und bieten über unsere Onlineplattform kurzgefasst alle notwendigen Informationen, sodass die Onlineentscheidung vereinfacht wird“, so Martin Keller. Auch Wittberg bestätigt diesen Trend: „Da die Mittelständler sich an das Onlinebanking gewöhnt und sich sogenannte Akzeptanzbarrieren verringert haben, steigt die Bereitschaft, auch andere Finanzdienstleistungen online abzuschließen.“
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