Commerzbank-Research

2017 wird das „Jahr der Politik“

02.12.2016

  • Anti-Establishment-Bewegungen auf dem Vormarsch
  • Chefvolkswirt Krämer: „Populisten können in Europa mehr Schaden anrichten als in den USA.“
  • Deutschlands Wachstum schwächt sich 2017 leicht ab

Anfang des nächsten Jahres wird Donald Trump zum US-Präsidenten ernannt und noch immer rätseln Beobachter, was das bedeutet. „Trump ist anders als seine Vorgänger. Aber keiner weiß, was genau er anders machen wird“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer am Freitag in Frankfurt bei der Vorstellung seiner Konjunkturprognosen. Zwar verfügen die Republikaner über eine komfortable Mehrheit im Kongress, trotzdem erwarten die Experten der Commerzbank ein hartes Ringen zwischen Trump und seinen Parteikollegen. „Trump ist kein richtiger Republikaner“, so Krämer.

In der Handelspolitik könnte Trump seine umfangreiche Entscheidungsfreiheit nutzen, um Handelskonflikte zu provozieren. Dies würde nach Einschätzung der Commerzbank-Volkswirte auch der konjunkturellen Entwicklung der USA schaden. Daher erwarten sie mit 2 Prozent für 2017 und 2,3 Prozent für 2018 ein nur moderat höheres US-Wachstum als im ablaufenden Jahr (1,6%). Die Kerninflation werde weiter moderat steigen (2016: 2,2%; 2017: 2,3%; 2018: 2,5%). Dies liege jedoch weniger an Trump als an der nahenden Vollbeschäftigung, die zuletzt für schneller steigende Löhne sorgte. Für die Fed erwarten die Commerzbank-Experten für das kommende Jahr zwei und für 2018 drei Zinserhöhungen um je 25 Basispunkte.

Auch in Europa bleiben die Establishment-Gegner auf dem Vormarsch. So hat sich das kommende Verfassungsreferendum in Italien zu einem Plebiszit über die Regierung entwickelt. Ein Scheitern der Senatsreform am Sonntag würde früher oder später Neuwahlen nach sich ziehen, aus denen die euro-kritische Fünf-Sterne-Bewegung als Sieger hervorgehen könnte. Nach Ansicht Krämers würde der italienische Präsident zur Beruhigung der Märkte allerdings zunächst eine Übergangsregierung einsetzen. „Fällt die Reform am Sonntag durch, kehrt die Staatsschuldenkrise nicht automatisch zurück.“

Sollte es im Verlauf des kommenden Jahres dazu kommen, würde die Europäische Zentralbank (EZB) wieder als Ausputzer einspringen. „Die EZB hat allerdings nicht mehr viele Pfeile im Köcher“, gab Krämer zu bedenken. So würde das Anleihenkaufprogramm im kommenden Jahr an seine Grenzen stoßen, selbst wenn diese Grenzen ausgedehnt würden. Zudem würden dadurch dringend notwendige Reformen aufgeschoben.

In Deutschland setzt sich der konsumgetriebene Aufschwung weiter fort. Allerdings zeigen sich unter der glänzenden Oberfläche zunehmend Fehlentwicklungen. Dazu gehören laut Krämer das Zurückrollen früherer Reformen sowie der Anstieg der Immobilienpreise, der die Gefahr einer Blase birgt. Insgesamt erwarten die Commerzbank-Volkswirte für dieses Jahr 1,8 Prozent Wachstum, für 2017 nur noch 1,3 Prozent.

Auch die Weltwirtschaft wird die Auswirkungen spüren. In China dämpfen die hochverschuldeten Staatsunternehmen weiterhin das Wachstum. Anstatt Überkapazitäten abzubauen, wird die Regierung nach Ansicht der Commerzbank dafür sorgen, dass staatliche Banken die Staatsunternehmen weiterhin mit Krediten versorgen, was den gesunden Unternehmen Ressourcen entzieht und das Wachstum der Volksrepublik insgesamt schwächt. Aufgrund dieser „Zombifizierung“ erwarten die Commerzbank-Volkswirte im nächsten Jahr eine Abkühlung des chinesischen Wachstums auf 6,5 Prozent (2016: 6,7%).

Am Aktienmarkt rechnen die Commerzbank-Analysten mit weiter steigenden Kursen und sehen den DAX Ende 2017 bei 11.700 Punkten. Aufgrund zahlreicher politischer Risiken im Euroraum erwarten sie jedoch starke Schwankungen für den Aktienmarkt im Verlauf des kommenden Jahres. Denn 2017 wird das „Jahr der Politik“.

Prognosen Commerzbank Research

Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts in % im Vergleich zum Vorjahr

2016
2017
2018
Euroraum
1,6
1,5
1,4
- Deutschland
1,8
1,3
1,2
- Frankreich
1,3
1,3
1,3
- Frankreich
0,8
1,0
1,1
USA
1,6
2,0
2,3
China
6,7
6,5
6,3
US-Dollar (je Euro per Jahresende)
1,06
1,04
0,99

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