Altersarmut in Deutschland: Die wichtigsten Fakten

30.03.2023 – Die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer und besonders Rentner sind zunehmend von Altersarmut bedroht. Wie brisant ist das Problem und welche Lösungen gibt es?

Hände im Schoß einer alten Frau - Altersarmut in Deutschland

Viele sorgen sich um Altersarmut

Die Coronapandemie vergrößerte die Angst vor Altersarmut. Mit Kurzarbeit und die dadurch veringerten Einzahlungen in die gesetzliche Rente, zahlen viele Menschen in eine private Altersvorsorge ein. Viele befürchten dadurch eine geringe Grundrente und eine Geldknappheit im Ruhestand. Doch was können Sie gegen Altersarmut tun? Um Altersarmut zu bekämpfen, müssen Sie den Status-quo analysieren und Erklärungsansätze für die aktuelle Lage finden. Unser Ratgeber informiert Sie über die wichtigsten Fakten von Altersarmut in Deutschland und gibt Ihnen Tipps an die Hand, wie Sie sich finanziell im Alter besser stellen können.

Wer ist als Rentner hauptsächlich armutsgefährdet?

Bereits im Erwerbsalter werden die Weichen für Altersarmut gestellt. Bestimmte Merkmale erlauben es, diejenigen Personengruppen zu identifizieren, die später weniger Rente ausgezahlt bekommen. Wer gefährdet ist, hängt von Lohn, Beschäftigung, familiärer Situation und Geschlecht ab.

Wer wenig verdient, hat auch im Alter weniger
Seit 1957 ist die gesetzliche Rente abhängig von der Höhe des Bruttolohns während des Erwerbslebens. Beziehen Arbeitnehmer Löhne auf Niveau des Mindestlohns oder sind in Teilzeit beschäftigt, zahlen sie weniger in die Rentenkasse ein und bekommen folglich eine geringere Rente heraus. Gleichzeitig fehlen ihnen die finanziellen Mittel für private Vorsorgemaßnahmen, da sie einen größeren Anteil ihres Einkommens im Alltag ausgeben.

Früherer Renteneintritt oder unterbrochene Erwerbsbiografie – die Rente sinkt
Während viele Menschen in Bürojobs problemlos bis zur Rente arbeiten, müssen Erwerbstätige mit hoher körperlicher oder psychischer Belastung ihre Beschäftigung in vielen Fällen früher beenden. Die verkürzten Beitragsjahre schlagen sich in einer niedrigeren Rente nieder. Dasselbe gilt bei Langzeitarbeitslosigkeit, weil der Staat keine Rentenbeiträge von Personen übernimmt, die Hartz IV bzw. Bürgergeld beziehen.

Frauen erhalten eine niedrigere Rente als Männer
Mehr Frauen als Männer sind als Rentner von Altersarmut betroffen. In Partnerschaften verdeckt das gemeinsame Haushaltseinkommen die Unterschiede eher, bei alleinstehenden Frauen treten sie hingegen deutlich zutage. Große Teile der Kinderbetreuung und der Pflege von Angehörigen lasten auf dem weiblichen Geschlecht und führen zu Lücken im Lebenslauf. Selbst bei vergleichbarer Arbeit verdienen Frauen noch immer weniger als Männer.

Der Gender Pay Gap, also die Differenz zwischen dem Lohn, den Frauen und Männer für gleiche Arbeit erhalten, beträgt in Deutschland laut Europäischer Kommission mehr als 20 Prozent. Gleichzeitig sind Frauen überproportional in Berufen mit niedrigem Lohnniveau, wie beispielsweise in Pflegeberufen, vertreten und arbeiten häufiger in Teilzeit.

Die Einteilung in von Armut bedrohte Gruppen erklärt, wie Altersarmut entstehen kann. Allerdings liefert sie keine befriedigende Erklärung für den rasanten Anstieg der Betroffenen.

Das theoretische Konzept hinter Altersarmut

Im Ruhestand leben Menschen von der gesetzlichen Rente, der privaten Altersvorsorge und von den eigenen Ersparnissen. Decken die Einnahmen aus den drei Bereichen nicht die Ausgaben, wird generell von Altersarmut gesprochen. Da diese Definition ungenau ist, entwickelten Wissenschaftler ein Modell mit klaren Kriterien. Es definiert, wann ein Einkommen so weit unterhalb des Durchschnitts liegt, dass es nicht mehr für einen akzeptablen Lebensstandard reicht.

Das Haushaltseinkommen als Indikator für Altersarmut

Zur Messung wird eine Kennzahl herangezogen. Sie besteht aus unterschiedlichen Komponenten und trägt die Bezeichnung Haushaltseinkommen, das sich wie folgt zusammensetzt:

Arbeitseinkommen + andere finanzielle Zuflüsse (zum Beispiel gesetzliche Rente, private oder betriebliche Altersvorsorge, Kapitalerträge, Bezüge für Witwen oder Waisen) - Steuern und Sozialversicherungsbeiträge = Haushaltseinkommen

Wie der Name sagt, berücksichtigt der Begriff nicht nur die tatsächlichen Einnahmen der Person selbst, sondern das Einkommen aller in einer Wirtschaftseinheit lebenden Menschen. Bei Ehepaaren mit einem Hauptverdiener im Erwerbsleben wird beispielsweise ein Teil dessen Rente dem Partner zugerechnet.

Die Höhe des Haushaltseinkommens berücksichtigt ausschließlich finanzielle Aspekte. Gesellschaftliche Ausgrenzung, Mobilität oder die Nutzung öffentlicher Güter bleiben außen vor.

Der Schwellenwert zur Bestimmung von Armut

Aus einer statistisch erhobenen Verteilung der Einkommen innerhalb der Bevölkerung leiten Experten die Armutsgefährdungsschwelle ab. Sie liegt bei 60% des durchschnittlichen Haushaltseinkommens der nationalen Bevölkerung. Aktuell liegt die monatliche Einkommensgrenze, ab der alleinstehende Menschen in Deutschland von Armut bedroht sind, bei 1.126€ (Quelle: WSI - Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut). Für Haushalte mit mehreren Personen ist sie dementsprechend höher. Beispielsweise beträgt der Grenzwert für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren 2.255€. Derzeit sind etwas mehr als 16% der Menschen in Deutschland von Armut betroffen.

Die Ergebnisse des Modells für Deutschland

Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren im Jahr 2021 über 13 Millionen Deutsche von Armut bedroht. Im Kreis der Personen über 65 Jahren betreffe das Problem fast jeden Fünften. Die Zahl der Armutsgefährdeten stieg in den vergangenen Jahren in keiner anderen Altersgruppe so stark an, wie in dieser Generation und erreichte 19,4 Prozent im Jahr 2021.

Die bloßen Zahlen sind alarmierend. Doch sie lassen keinen Interpretationsspielraum zu, ob das Risiko für alle Menschen dasselbe ist, im Alter Armut zu erleben.

Warum reicht die Rente immer seltener zum Leben?

Dahinter stecken sowohl gesellschaftliche als auch wirtschaftliche Herausforderungen für die gesetzliche und die private Rentenvorsorge.

Der sogenannte Generationenvertrag regelt in Deutschland, dass junge, arbeitende Menschen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und der Staat damit die Rentner finanziert. Solange sich beide Bevölkerungsgruppen im Gleichgewicht befinden, funktioniert das System. Allerdings stehen seit einigen Jahren immer weniger Neugeburten und spätere Arbeitskräfte einer größeren Kohorte an Rentnern gegenüber. Der demografische Wandel erzeugt Druck auf das Rentensystem. Um es vor einem Kollaps zu bewahren, senkt die Politik sukzessiv die Rentensätze.

In Phasen höherer Zinsen war es attraktiv, Vermögen für das Alter wegzulegen. Aktuell jedoch, bei den hohen Inflationswerten, verliert Ihr Geld im Alter an Wert und damit an Kaufkraft. Es bleibt einfach weniger zum Leben übrig.

Insbesondere gestiegene Lebenshaltungskosten bei Mieten oder Nahrungsmitteln belasten im Alter. Wenn zusätzlich einmalige oder unvorhergesehene Anschaffungen ins Haus stehen, weist Ihr Konto schnell einen negativen Saldo auf. In solchen Fällen ist es hilfreich, dem eigenen Girokonto einen Dispokredit einzuräumen.

Wenn das Renteneinkommen langfristig nicht zum Leben reicht, erhalten Betroffene Hilfe vom Staat.

Was ist die Grundsicherung?

Die Sozialleistung „Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung“ stockt die gesetzliche Rente und private Vorsorgeleistungen auf, wenn das Einkommen unter den Finanzbedarf für den Lebensunterhalt sinkt. Als Existenzminimum gelten für alleinstehende Rentnerinnen und Rentner 446€ im Jahr zuzüglich der marktüblichen Wohnungskosten vor Ort. Die Differenz zwischen tatsächlichem Einkommen und kalkuliertem Mindestbedarf bekommen Rentnerinnen und Rentner ausgezahlt.

Für ein Anrecht auf Grundsicherung wird das Erreichen des Rentenalters und ein Wohnsitz in Deutschland vorausgesetzt. Weiterhin stehen Leistungen nur den Rentnern zu, die kein verwertbares Vermögen mehr besitzen. Sie müssen also zunächst ihre Ersparnisse aufbrauchen und wertvolle Gegenstände verkaufen, bevor die Grundsicherung greift.

Viele Rentnerinnen und Rentner verzichten trotz Altersarmut auf die staatliche Unterstützung – manchmal aus Unkenntnis, manchmal aus Schamgefühl. In einigen Fällen wissen Betroffene nicht einmal, dass ihnen Grundsicherung zusteht.

Wir empfehlen Ihnen: Holen Sie bei einem Gesamt-Einkommen von unter 924€ pro Monat auf jeden Fall Informationen zur Grundsicherung ein. Die Bewilligung ist vielversprechend!

Welche Hoffnung gibt es für Betroffene von Altersarmut?

Im kleinen Rahmen können Rentner den Geldbeutel schonen oder die Kasse durch zusätzliches Einkommen aufbessern. Das ist sinnvoll, aber kein Mittel, um das strukturelle Problem langfristig zu lösen. Anstatt kleiner Entbehrungen der in Armut lebenden Rentner muss die Politik im großen Stil eingreifen. Vor allem die Grundsicherung weist diesbezüglich Reformbedarf auf.

Einsparungen oder Zuverdienste helfen im Alltag kurzfristig

Ein ressourcenschonender Lebensstil ist nicht nur nachhaltig, er schlägt sich auch positiv auf Ihrem Konto nieder. Strom- und Wasserverbrauch lassen sich mit Vernunft und Voraussicht leicht reduzieren. Bei Tafeln kaufen von Altersarmut betroffene Menschen vergünstigt ein. Die gemeinnützige Organisation bietet Lebensmittel und sonstige Gegenstände des täglichen Bedarfs deutlich unter den Preisen im Supermarkt an. Darüber hinaus verfügen einige Tafeln über Anlaufstellen bei Fragen oder Problemen und schaffen Räume für soziale Kontakte.

Um trotz Altersarmut über die Runden zu kommen, stocken viele Rentner ihr Einkommen mit Nebenjobs auf. Für diejenigen, die dazu körperlich sowie geistig in der Lage sind, ist der Zuverdienst im Alter eine gute Option. Manche Ruheständler streben regelrecht nach einer sinnvollen Beschäftigung, um Abwechslung in den Rentenalltag zu bringen.

Langfristig ist die Politik gefragt

Die Bekämpfung von Altersarmut muss in der Politik langfristig höchste Priorität erhalten. Bereits beschlossene Maßnahmen wie die Zuschuss- und Lebensleistungsrente oder das ausgeweitete Anerkennen von Betreuungszeiten sind ein guter Anfang, um den zukünftigen Herausforderungen zu begegnen. Weitere Ansatzpunkte, bei denen die Notwendigkeit für gesetzliche und organisatorische Änderungen besteht, sind u. a.:

  • Investition in Ausbildung und Qualifizierung von Arbeitnehmern
  • Jährliche Anpassung der Renten
  • Jährliche Erhöhung des Mindestlohns
  • Vorgehen gegen berufliche Geschlechterdiskriminierung
  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf
  • Rentenanrechnung von Wiedereingliederungsmaßnahmen Arbeitsloser

Für bereits heute von Altersarmut Betroffene sind besonders schnell Reformen auf den Weg zu bringen. Dafür muss die Politik zunächst die Aufklärungsarbeit zur Grundsicherung erhöhen. Sind ihr Ruf und ihr Ansehen erst einmal verbessert, nehmen mehr Rentnerinnen und Rentner die Hilfe an.

Bei Fragen zur Altersvorsorge

Die Commerzbank steht Ihnen bei Fragen zur Altersvorsorge zur Seite. Bei Immobilienfinanzierungen sowie bei der Eröffnung und Verwaltung von Sparkonten, Fonds- oder ETF-Sparplänen sind wir Ihr kompetenter Ansprechpartner.

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6 Tipps, um früh Altersarmut vorzubeugen

Umso schlechter die Konditionen der gesetzlichen Rentenversicherung sind, desto wichtiger werden private Vorsorgemaßnahmen. Wer früh damit beginnt, hat mehr Zeit, von Jahr zu Jahr sein Vermögen zu vergrößern und erhält mehr Rendite. Legen Sie am Aktienmarkt an, gleicht ein längerer Anlagezeitraum sogar Kursschwankungen aus.

Zur privaten Altersvorsorge zählen staatlich geförderte Programme, Immobilienkäufe sowie Kapitalanlagen. Diese 6 Maßnahmen sollten Sie kennen:

1

Riester-Rente

Sie bietet Zulagen für Geringverdiener und Familien. Die Einlagen lassen sich in der Steuererklärung absetzen. Die Auszahlung erfolgt in Form einer monatlichen Rente.

2

Rürup-Rente

Ein staatlich bezuschusstes Rentenmodell, bei dem eine monatliche Rente mit Steuervorteilen ausgezahlt wird. Sie gilt als Pendant zur Riester-Rente für Selbstständige.

3

Betriebliche Altersvorsorge

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber halten einen Teil des Monatslohns zurück. Diesen legt er im Unternehmen oder bei einem Direktversicherer gewinnbringend an.

4

Immobilie

Ein abbezahltes Eigenheim senkt die Wohnkosten im Alter. Wird die Immobilie vermietet, generiert sie ein regelmäßiges Einkommen.

5

Bankensparplan

Monatlich wird ein Festbetrag auf ein Bankkonto eingezahlt. Auf die angesparte Summe erhalten Sie feste Zinsen. Bis zu 100.000€ schützt die staatliche Einlagensicherung.

6

Aktienfonds-Sparplan

Die Anlage in Aktien ist riskanter als klassische Optionen der Altersvorsorge. Dafür ist die Rentabilität höher. Insbesondere ETFs sind beliebte Instrumente für Sparpläne.

Wir müssen das Problem der Altersarmut angehen

Die Zahlen bestätigen die in der Gesellschaft vorherrschende Besorgnis, dass Armut in der Rente auf dem Vormarsch ist und mit jedem Jahr steigt. Das Risiko, von Altersarmut betroffen zu sein, variiert zwischen unterschiedlichen Personengruppen. Die Gründe sind in der gesellschaftlichen Entwicklung verankert und begründen ein gravierendes strukturelles Problem. Von Einzelfällen kann keine Rede sein – sich auf ein gesichertes Einkommen im Alter durch die gesetzliche Rente zu verlassen, ist in der heutigen Zeit unvernünftig. Stattdessen sollte jeder die Palette an privaten Möglichkeiten nutzen, um finanziell für den Ruhestand vorzusorgen. Nur ein angespartes Vermögen verhindert, in der Rente auf Grundsicherung angewiesen zu sein.

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