Was steckt hinter der Deglobalisierung?

Der Welthandel wächst seit gut fünfzehn Jahren langsamer als die Weltwirtschaft.

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Dr. Vincent Stamer

Commerzbank Economic Research

27.09.2024

Wir zeigen, dass dieses häufig als Deglobalisierung bezeichnete Phänomen hauptsächlich auf die wirtschaftliche Entwicklung Chinas zurückgeht. Auch eine Verschiebung der globalen Handelskorridore geht teilwise auf geopolitische Spannungen mit China zurück. Interessant ist, dass die Unternehmen in vielen Ländern ihre Lieferketten bisher nicht unabhängiger von China gemacht haben und Lieferketten nicht renationalisieren.

Wird die Globalisierung rückgängig gemacht?

Die Globalisierung scheint sich umzukehren. Zwar ist der Welthandel in den letzten Jahren trotz Coronakrise preisbereinigt um mehr als 1% pro Jahr gestiegen. Allerdings ist in dieser Zeit das Bruttoinlandsprodukt der Welt deutlich schneller gewachsen. Entgegen des jahrzehntelangen Trends nimmt daher der Welthandel als Anteil der globalen Wirtschaftskraft seit gut fünfzehn Jahren wieder ab. So sank dieser Anteil von seinem Höhepunkt von 26% im Jahr 2007 auf 23% im Jahr 2023. Diese häufig als Deglobalisierung bezeichnete Entwicklung ist gerade für Deutschland besorgniserregend, da hierzulande ein Fünftel aller Arbeitsplätze direkt oder indirekt am Export von Gütern hängt und etwa ein Drittel der Wohlstandsgewinne der letzten Jahrzehnte auf den Außenhandel zurückzuführen sein dürfte. Wir untersuchen, welche Faktoren zu diesem Trend beitragen, wie sich die globalen Handelsflüsse verschieben und wie sich die weltweiten Lieferketten seit der Pandemie verändert haben.

China spielt eine maßgebliche Rolle

Ein wesentlicher Grund für die abnehmende Globalisierung liegt in der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas. China hatte seit den früher 2000ern ein rasantes Wirtschaftswachstum, das vor allem durch die Exportwirtschaft befeuert wurde. Seit 2007 fällt jedoch der Außenhandel in Relation zum chinesischen Bruttoinlandsprodukt Chinas:

  • China stärkt seinen Binnenmarkt. Aufgrund des fortschreitenden Wohlstandes der Bevölkerung und der politischen Bestrebung nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit wächst die heimische Nachfrage nach Dienstleistungen deutlich schneller als die ausländische Nachfrage nach Waren. Der Staat erhöht Gesundheits- und Bildungsausgaben, die Privatwirtschaft investiert in die Forschung und Privatpersonen geben mehr Geld für heimische Dienstleistungen aus. Dadurch zieht der Dienstleistungssektor mehr Ressourcen wie Arbeitskräfte an, die nicht für die Produktion von Waren und damit von Exportgütern zur Verfügung stehen. Daher wächst der Außenhandel Chinas langsamer als sein Bruttoinlandsprodukt.
  • Die chinesische Produktion ersetzt zunehmend ausländische Zwischen- und Kapitalgüter durch Waren aus heimischer Herstellung. Im Jahr 2005 bestanden die aus China ausgeführten Waren zu etwa einem Viertel aus ausländischer Wertschöpfung. Dieser Anteil ist innerhalb von fünfzehn Jahren auf 16% gefallen. Auf der einen Seite führt das zu geringeren Importen. Auf der anderen Seite bindet die heimische Produktion von Zwischengütern ebenfalls Ressourcen, die nicht mehr für die Produktion von Endprodukten für den Export zur Verfügung stehen.

Den vollständigen Text finden Sie im PDF-Dokument.